Panorama

Wie Humor die Kommunikation belebt

Spätestens seit Klinik-Clowns und Eckart von Hirschhausen ist klar: Humor hat heilende Wirkung. Das Schöne am Humor: Man muss ihn nicht lernen, aber man kann ihn trainieren.

Von Michael Hubert Veröffentlicht:
Die Botschaften im Arzt-Patienten-Gespräch lassen sich mit Humor verstärken, der Patient kann sich mehr merken.

Die Botschaften im Arzt-Patienten-Gespräch lassen sich mit Humor verstärken, der Patient kann sich mehr merken.

© bnenin / stock.adobe.com

BERLIN. Humor verursacht lachen, Lachen ist gesund, Lachen macht glücklich, denn es setzt Oxytocin und Endorphine frei. Das ist in Studien belegt.

So wurde etwa festgestellt, dass beim Besuch von Klinik-Clowns auf kinderchirurgischen Stationen, bei den Kindern mehr Oxytocin im Speichel gefunden wird und die Angstwerte sinken (Klin Padiatr 2017; 229(05): 274-280).

Humor kann nicht nur Freude bereiten und entspannen, sondern auch die Aufmerksamkeit erhöhen. Eine Studie habe gezeigt, dass 80 Prozent der Patienten 80 Prozent des Gesagten wieder vergessen haben, wenn sie das Sprechzimmer wieder verlassen.

„Mit Humor können Sie die 20 Prozent des Gemerkten nachhaltiger machen und vielleicht auch ein bisschen erhöhen“, sagte Katrin Hansmeier.

Und: „Sie haben alle schon mal gelacht oder jemanden zum Lachen gebracht“, sagte die Diplom-Schauspielerin und Gründerin der Initiative „Arzt mit Humor“. Das sei das Schöne am Humor, man müsse ihn nicht lernen.

Angriffe humorvoll parieren

Humorseminare

  • Titel: Humor auf Rezept? Die Dosis bringt den Erfolg!
  • Dauer: 1,5 Tage, Freitagnachmittag und Samstag
  • Zertifizierung: In der Regel gibt es 17 CME-Punkte
  • Termine: Die nächsten Humorseminare finden statt: Leipzig, 18./19. Oktober 2019 Köln, 25./26. Oktober 2019 Köln, 31.1./1.2. 2020 Leipzig, 28./29. Februar 2020
  • Kosten: 550,- Euro

Weitere Infos zu „Arzt mit Humor“ und den Fortbildungsseminaren: www.arztmithumor.de

„Was ist das Phänomen Humor und vor allem wie können wir ihn einsetzen, auch in angespannten Momenten?“, fragte Hansmeier bei einer von Berlin-Chemie unterstützten Veranstaltung.

Das wichtigste Werkzeug eines Arztes im täglichen Kontakt mit Patienten, ist die Kommunikation, sind das Wort, die Körpersprache und auch der Tonfall. Wenn ein Patient sagt, das Medikament nehme ich nicht, ich habe im Internet recherchiert, das ist totaler Mist – „wie reagieren Sie dann?“, fragte die Humorexpertin die Teilnehmer.

Viele fühlten sich persönlich angegriffen und gingen auf Abwehrhaltung. Es könne aber auch humorvoll reagiert werden: Das finde ich sehr gut, dass sie mir nicht alles glauben, nur weil ich ihr Arzt bin. Da bin ich ja mal gespannt, was sie sich überlegt haben.

„Ich weiß, für Mediziner ist das nicht ganz leicht“, so Hansmeier. Denn von ihnen werde erst einmal Kompetenz erwartet. Das sei eine Angst, die sie bei vielen Ärzten erlebe – bin ich dann noch kompetent, wenn ich witzig bin? „Ja, das sind sie“, betonte Hansmeier. Die Dosis mache den Erfolg.

Jeder ist fähig zu Humor

Doch was ist Humor überhaupt? Hansmeier warf hierzu einen Blick in den „Duden“: Dort heiße es, Humor ist eine Fähigkeit und eine Bereitschaft eines Menschen. Und diese Bereitschaft besteht darin, heiter und gelassen auf die Schwierigkeiten des Alltags zu reagieren.

„Das ist eine Fähigkeit, die sie trainieren oder die sie verkümmern lassen können“ so Hansmeier. Und jeder wisse, wenn man etwas trainiert, wird man darin besser.

Grundsätzlich müsse zwischen zwei unterschiedlichen Humorstilen unterschieden werden: aufwertender oder abwertender Humor bzw. sozialer oder aggressiver Humor. Die Schauspielerin verdeutlichte dies an einem Beispiel. Einem Patienten falle ein Glas Wasser runter.

  • Variante A: Ach, sie können aber schön loslassen, ich muss immer zum Yoga und sie können einfach loslassen, ich bin begeistert.
  • Variante B: Ja, in Ihrem Alter kann man nicht mehr so gut das Wasser halten.
  • Variante B sei ein typischer Comedian-Witz. Der erzeuge zwar auch einen Lacher, geht aber immer auf Kosten anderer – sei also aggressiver und abwertender Humor. „Das ist das genaue Gegenteil von dem, was in der Patientenkommunikation wünschenswert ist“, so Hansmeier.

Tipp: Humortagebuch führen

Sie werde auch immer wieder gefragt, „Frau Hansmeier, wie werde ich denn humorvoll, besonders in schwierigen Momenten?“. Wenn man angegriffen, eine schwierige Diagnose gestellt werde oder gegenüber ein Patient sitze, der einem total unsympathisch sei: „Meine Antwort ist: Man muss ein bisschen üben.“

Hansmeier vergleicht das mit einem Humorkonto. Auf ein Konto werde regelmäßig eingezahlt – und zwar, wenn es einem gut geht, um in einer Krisenzeit davon abzuheben.

„Oft verlangen wir von uns, dass wir humorvoll in schwierigen Momenten sind, etwas aus dem Ärmel schütteln, schlagfertig sind“, fuhr Hansmeier fort und zitierte Rudi Carrell: Wenn wir etwas aus dem Ärmel schütteln wollen, dann müssen wir vorher etwas hinein tun.

Der Tipp der Humorexpertin: „Sammeln Sie regelmäßig Anekdoten oder witzige Antworten.“ Sie nennt es, ein Humortagebuch führen. Das gehe auch in der Praxis, zusammen mit den MFA – witzige Geschichten von Patienten aufschreiben und die immer mal wieder lesen und erzählen. „Dann werden Sie merken, Sie haben einen schnelleren Zugriff auf unterschiedliche Anekdoten, die ihnen passiert sind.“

Auch beim Durchsehen der eigenen Aufzeichnungen könne man auf humorvolle Anekdoten stoßen, wie zum Beispiel „der Patient hat zwei Kinder, aber ansonsten keine anderen Abnormalitäten“ oder „der: Patient ist depressiv, seitdem er 1998 begann mich zu konsultieren“. Auch da gebe es mitunter viel Humor zu entdecken. „Eigentlich kommt der Humor tagtäglich in ihre Praxis gelaufen“ so Hansmeier.

„Das Eigentliche, was sie tun müssen ist, die Augen zu öffnen, um diese Sternenpracht auch zu sehen.“

Humorecke im Wartezimmer

Auch im Wartezimmer lasse sich eine Humorecke einrichten, mit witzigen Comics oder Ähnlichem. Es gebe viele Patientinnen mit Brustkrebs, die Bücher über die Wirkung von Humor geschrieben haben. Und die Patienten, die das möchten, die sich dafür interessieren, die würden diese Bücher auch nehmen.

Hansmeier schloss ihren Vortrag , dass man immer daran denken müsse, wie jeweils formuliert wird: Es mache einen Unterschied, zu sagen „Sie sind mein wunder Punkt“ oder zu sagen „Sie sind mein Wunder! ... Punkt.“

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