OLG Frankfurt zur Online-Arztsuche

Jameda muss Arztprofile nicht löschen

In dem Dauerstreit um Arztbewertungen bei einem Münchener Onlineportal gibt es eine weitere Entscheidung zugunsten des Betreibers – auch mit Hinweis auf EU-Recht.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Das EU-Recht erlaubt die Datenverarbeitung von Haus-, Fach- und Zahnarztpraxen auf Bewertungsportalen auch ohne Zustimmung der Betroffenen.

Das EU-Recht erlaubt die Datenverarbeitung von Haus-, Fach- und Zahnarztpraxen auf Bewertungsportalen auch ohne Zustimmung der Betroffenen.

© Uli Deck / dpa / picture alliance

Frankfurt/Main. Ärzte haben keinen Anspruch auf Löschung ihres Profils auf dem Bewertungsportal Jameda. Das hat mit dem OLG Frankfurt am Main nun erstmals auch ein Oberlandesgericht entschieden. Danach genügt die heutige Plattform den rechtlichen Anforderungen für eine vollständige Listung aller Ärzte.

Konkret wies das OLG die Klage einer Ärztin aus dem Rhein-Main-Gebiet auf Löschung ihres Profils ab. Anfang 2018 hatte sie sich über die Bewertung einer Patientin geärgert, die sie als „arrogant, unfreundlich, unprofessionell“ beschrieb. Auf Beschwerde der Ärztin hatte Jameda diesen Kommentar vorübergehend gelöscht, nach klärender Rücksprache mit der Patientin aber wieder sichtbar gemacht.

Bereits 2014 hatte der Bundesgerichtshof bestätigt, dass die Interessen des Betreibers und der Nutzer an einer vollständigen Listung aller Ärzte schwerer wiegen als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der gegen ihren Willen aufgenommenen Ärzte. 2018 hatte der BGH allerdings ergänzt, dass dies nur für Bewertungsportale gilt, die die Rolle eines „neutralen Informationsmittlers“ einnehmen. Darauf hatte Jameda umgehend reagiert und insbesondere Anzeigen konkurrierender Ärzte auf den Profilen nichtzahlender Basiskunden gelöscht.

Im Januar hatte schon das Landgericht München entschieden, dass das Jameda-Portal nunmehr den rechtlichen Anforderungen genügt.

Kein Medienprivileg, aber „berechtigte Interessen“

Mit dem OLG Frankfurt sah dies nun erstmals auch ein Oberlandesgericht so. Jameda könne sich zwar nicht auf das Medienprivileg berufen, weil es sich nicht um eine journalistische Plattform handele, wohl aber auf „berechtigte Interessen“. EU-Recht erlaube dann die Datenverarbeitung auch ohne Zustimmung der Betroffenen, hier der Ärztin.

Die Anforderungen hierfür seien erfüllt, weil es „keine als ‚verdeckt‘ zu bezeichnenden Vorteile“ für zahlende Kunden mehr gebe. So werde Werbung nicht mehr auf den Profilseiten nichtzahlender Kollegen platziert. Anzeigen neben den Such-Treffern seien deutlich kenntlich, so dass den Portalnutzern klar sei, dass hierfür Geld fließt.

Ein generelles Werbeverbot sei mit der vom BGH geforderten Rolle eines „neutralen Informationsmittlers“ nicht verbunden. Entscheidend sei vielmehr, dass Nutzer erkennen können, wo es Vorteile für zahlende Kunden gibt. Auch dürften solche Vorteile Nichtkunden nicht unangemessen benachteiligen. „Davon ist vorliegend auszugehen“, heißt es in dem Frankfurter Urteil. So sei insbesondere die Auflistung der Ärzte nach einer individuellen Suche unabhängig von deren kostenpflichtiger Premiummitgliedschaft. Auch sei deutlich erkennbar, dass nur zahlende Ärzte ein Foto hinterlegen können.

„Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass das Informationsinteresse an der Auflistung der Ärzte mit ihrer Benotung und den Freitextkommentaren deren Datenverarbeitung im Portal der Beklagten rechtfertigt“, so das OLG Frankfurt. Es ließ hiergegen aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Oberlandesgericht Frankfurt, Az.: 16 U 218/18

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