"Da wäre ich ja fast die Königin des Ärztetages"

Ulla Schmidt beim Hauptstadtkongress: diesmal kein Frontalunterricht, sie steht Rede und Antwort. Aber auch die Antworten, die sie schuldig bleibt, haben Wert. Sie sind ein Synonym für Nein, für Utopie.

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Im großen Saal des Berliner Kongress-Zentrums wurde gestern der Hauptstadtkongress eröffnet. Seit 10 Jahren ist der Kongress Informationsplattform und Ideenbörse zugleich.

Im großen Saal des Berliner Kongress-Zentrums wurde gestern der Hauptstadtkongress eröffnet. Seit 10 Jahren ist der Kongress Informationsplattform und Ideenbörse zugleich.

© Fotos: sbra

Von Helmut Laschet

Nichts interessiert die Beteiligten im Gesundheitswesen derzeit mehr als die Höhe des einheitlichen Krankenkassen-Beitragssatzes, den das Bundesgesundheitsministerium im November festlegen wird. Für Ärzte und Krankenhäuser ist das die wichtigste Größe dafür, wie viel der Euro-EBM und Fallpauschalensystem 2009 an höheren Entgelten bringen könnten.

Äußerungen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und ihrer Beamten dazu waren bislang sibyllinisch: ausreichend sollte der Beitrag sein - und die Vergütungsreformen berücksichtigen.

Erstmals wurde Schmidt beim Hauptstadtkongress deutlicher - sie zeigte die Grenze zwischen Utopie und möglicher Realität auf. Zur Utopie gehören für Schmidt Spekulationen über einen Einheitsbeitragssatz von 15,7 Prozent. Schmidt rechnete gestern vor: Ein solcher Beitrag läge um 1,8 Punkte über dem heutigen Durchschnittsbeitrag von 13,9 Prozent - das wäre 18 Milliarden Euro zusätzlich. "Wenn ich das machen würde, wäre ich ja fast die Königin des Ärztetages" - ein Ehrenamt, das Schmidt wohl nicht anstrebt.

Klar ist aber, dass die ambulante ärztliche Versorgung unterdotiert ist. Zusätzlicher Finanzbedarf entstehe durch die Euro-Gebührenordnung und durch den Übergang des Morbiditätsrisikos von den Ärzten auf die Krankenkassen.

Absehbar ist auch ein Mehrbedarf für die Krankenhäuser, beispielsweise aufgrund der Tarifsteigerungen, besserer Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und der Notwendigkeit, mehr in Aus- und Weiterbildung zu investieren.

Den Krankenhäusern, von denen viele nach Schmidts Rotstift-Politik am Abgrund stehen, bietet die Ministerin eine Allianz gegen die Bundesländer an: "Lassen Sie uns gemeinsam dafür streiten, dass die Länder ihren Verpflichtungen zur Bezahlung von Investitionen nachkommen - oder einer monistischen Finanzierung zustimmen." Mangel an Investition und Modernisierung ist für Schmidt die Ursache der Überlastung von Ärzten und Pflegekräften. "Wir werden einen neuen ordnungspolitischen Rahmen bekommen - alles andere wäre unverantwortlich, droht Schmidt den Ländern.

Es sei eng geworden für Ärzte und Kliniken. Das gibt Schmidt zu. Und was bedeutet das für den Einheitsbeitragssatz? Mehr als ein Prozent über dem jetzigen paritätisch finanzierten Durchschnittsbeitrag von 13,96 Prozent - das ist unrealistisch.

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