Dauer-Streitthema E-Card - Ring frei für die nächste Runde

Die elektronische Gesundheitskarte findet weiter keine Gnade bei den Ärztetags-Delegierten - zumindestens nicht in der vorliegenden Form. Endgültig abgelehnt wird sie allerdings nicht. Bei der Debatte wurde immer wieder deutlich, dass Ärzte eine zentrale Datenspeicherung befürchten, die viele Begehrlichkeiten wecken könnte und die am Ende nicht mehr zu steuern sei.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Der Protest hat Tradition: Schon beim Deutschen Ärztetag in Münster im Jahr 2007 protestierten Mediziner gegen die Gesundheitskarte.

Der Protest hat Tradition: Schon beim Deutschen Ärztetag in Münster im Jahr 2007 protestierten Mediziner gegen die Gesundheitskarte.

© Foto: dpa

Ein komplexes Thema mit vielen Nuancen, kontrovers diskutiert, dazu mehrere, sich zum Teil überschneidende Entschließungsanträge: Als am Freitag in Mainz der Rede- und Abstimmungsmarathon zur E-Card beendet war, da mussten sich viele Beobachter und Delegierte erst einmal besinnen. Was war jetzt eigentlich entschieden worden?

Die elektronische Gesundheitskarte wurde, wie schon bei den Ärztetagen in Ulm und Münster, "in der bisher vorliegenden Form" abgelehnt. Zugleich gaben die Delegierten aber dem Telematikbeauftragten der Bundesärztekammer Dr. Franz-Joseph Bartmann grünes Licht für eine weitere konstruktiv-kritische Begleitung bei der Fortführung des Projekts.

Genau das hatte der BÄK-Vorstand in einem "Sachstandsbericht" bereits im Vorfeld des Ärztetags gefordert. Die E-Card werde kommen, heißt es in dem Papier. Keine der im Bundestag vertretenen Parteien fordere ein Stopp des Projekts. "Eine konstruktiv-kritische Begleitung durch die Ärzteschaft in- und außerhalb der Gremien der gematik ist unerlässlich, um Belange aus Patienten- und Arztsicht geltend zu machen." Ein Boykott, warnte der BÄK-Vorstand, werde zu Ergebnissen führen, "die nicht im Sinne von Ärzten und Patienten sind".

Die Delegierten in Mainz forderten eine "ernsthafte und ergebnisoffene" Erprobung der Karte und der Telematikinfrastruktur. Die soll im Rahmen eines Feldtests mit 100 000 Versicherten und mehreren hundert Ärzten realisiert werden, der allerdings nicht Bestandteil des Online-Rollouts sein dürfe.

Die von der gematik Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Auswertungen mit 1000 Versicherten aus sieben Regionen hätten "ernüchternde bis deprimierende Ergebnisse" gezeigt, hieß es bei der Debatte. Die getesteten Abläufe im Gesundheitswesen seien verlangsamt statt verbessert worden. Die PIN-Nummer als Sicherheitsschlüssel für Patienten sei komplett gescheitert. Das elektronische Rezept und der Notfalldatensatz hätten sich in keiner Weise bewährt.

Bei der Debatte wurde immer wieder deutlich, dass Ärzte eine zentrale Datenspeicherung befürchten, die viele Begehrlichkeiten wecken könnte und die am Ende nicht mehr zu steuern sei. "Das Grundvertrauen der Patienten in unser ärztliches Berufsethos muss erhalten blieben", heißt es in einer der verabschiedeten Entschließungen, "das bewährte Konzept von einer am Individuum und seiner individuellen Lebensgestaltung orientierten Humanmedizin darf nicht zerstört werden".

Der Telematik-Beauftragte Bartmann wertete das Ergebnis der Abstimmung als Auftrag, das Projekt E-Card weiter kritisch zu begleiten: "Die Karte wird kommen, das wird nicht zu verhindern sein."

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