Leitartikel zur Medica

Medizintechnik mit nachhaltigen Nebenwirkungen

Am heutigen 20. November öffnet die weltgrößte Medizinmesse in Düsseldorf ihre Pforten. Auf der Medica gibt es viele Innovationen aus der Medizintechnik zu bestaunen. Verdeckt wird dabei etwas der Blick auf deren schwierigen Einsatz im deutschen Gesundheitswesen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Die Medica in Düsseldorf geht vom 20. bis 23. November 2013.

Die Medica in Düsseldorf geht vom 20. bis 23. November 2013.

© Messe Düsseldorf / ctillmann

Die Mega-Trends Computerisierung, Molekularisierung und Miniaturisierung dominieren seit Jahren die Medizintechnikbranche.

Thematisch spiegelt sich dies für Ärzte und andere Fachbesucher auf der diesjährigen Medica in Düsseldorf wider. Am 20. November öffnen sich die Tore der weltgrößten Medizinmesse, die bis 23. November andauert.

Die Messe Düsseldorf als Ausrichter verspricht den Besuchern wieder die gesamte Bandbreite an Neuheiten für eine gute und effiziente medizinische Versorgung in Arztpraxen und Kliniken - von Medizintechnik und Elektromedizin, Labortechnik, Physiotherapieprodukten und Orthopädietechnik bis hin zur Health-IT.

Tatsächlich können Ärzte aus dem ambulanten wie stationären Sektor nach Lösungen Ausschau halten, wie sie mit dem fortschreitenden IT-Einsatz im Gesundheitsbereich mithalten können.

Beispielhaft sind Lösungen für die computergestützte Chirurgie oder Anästhesie sowie die Vernetzung der medizinischen Bildgebung bis hin zu Wireless-Lösungen für das Echtzeit-Monitoring von Patienten auf Station und kompakten Telemedizin-Applikationen für den Einsatz fernab von Arztpraxis und Klinikum.

Wunsch versus Realität

Die Nabelschau der Telemedizin- und anderer medizintechnischen Innovationen kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei der flächendeckenden Etablierung telemedizinischer Lösungen in Deutschland Wunsch und Wirklichkeit noch weit auseinanderklaffen.

Manch ein Skeptiker prognostiziert gar, dass die Telemedizin schneller in Afrika in der Regelversorgung Fuß fassen werde als in Deutschland.

Das hätte dann aber weniger mit einer höheren infrastrukturellen Kompetenz auf dem Schwarzen Kontinent denn mit den bürokratischen Ex- und Prozessen hierzulande zu tun.

Man denke hierbei exemplarisch an die lange und qualvolle bürokratische Genese der für Vertragsärzte nun in Aussicht gestellten Telemedizin-Ziffer im EBM.

Doch selbst, wenn die Telemedizin einmal Realität im Gebührenalltag werden sollte, bleibt sie eine mit Kautelen behaftete Angelegenheit.

Denn für Ärzte gilt weiterhin das - in vielen Fällen sicher auch sinnvolle - Fernbehandlungsverbot gemäß Paragraf 7 Absatz 4 Musterberufsordnung.

Im Klartext heißt das unter anderem, dass Telemedizin-Projekte gewährleisten müssen, dass die Patienten durch einen Arzt unmittelbar behandelt werden und dass es zu regelmäßigen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakten kommt.

Weltweite Strahlkraft

Besonders für die deutsche Medizintechnikbranche ist die Medica Sinnbild für die ambivalente Situation vieler Hersteller.

Zum einen präsentieren die Unternehmen HighTech-Lösungen mit weltweiter Strahlkraft - "Made in Germany" genießt bei Anwendern der Medizintechnik rund um den Globus noch immer einen guten Ruf.

Auf der anderen Seite ist gerade im Heimatmarkt Deutschland einiges im Argen: Stichwort Investitionsstau in deutschen Kliniken. Die Länder lassen die Kliniken bei den Investitionen weitgehend im Regen stehen.

Und angesichts der Tatsache, dass immer mehr Häuser unter anderem durch das enge DRG-Korsett in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind, werden sie dreimal überlegen, wo nun Investitionen am sinnvollsten erscheinen, um die Zukunft des eigenen Hauses zu sichern.

Modernste Medizintechnik kann dabei die richtige Lösung sein - oder der Todesstoß, sollte sich die Investition mangels Nachfrage nicht rechnen.

Schwellenländer bieten Potenzial

Einen Ausweg für die auf dem heimischen Markt teils stark bedrängte und gebeutelte Medizintechnikbranche sind die Schwellenländer.

Wie jedes Jahr werden in Düsseldorf neben zahlreichen Ausstellern auch Besucher aus dem Ausland erwartet - mehr als jeder zweite, Tendenz steigend.

Einige Länder wie China oder Russland nehmen viel Geld in die Hand, um ihr marodes und ineffizientes Gesundheitssystem komplett auf neue Füße zu stellen. Andere Staaten - vor allem aus dem arabischen und südostasiatischen Raum - investieren nicht nur kräftig in ihren Gesundheitssektor, um die einheimische Bevölkerung zu versorgen, sie forcieren auch Medizintourismus-Aktivitäten in ihren Ländern.

Beide Ländergruppen könnten von den auf der Medica präsentierten IT-Systemlösungen wie auch HighTech-Medizinequipment profitieren. Die Schatulle ist entsprechend gefüllt.

Mit Blick auf die heftig geführte Nutzendebatte auch bei Medizinprodukten kann die Medica den beteiligten Medizintechnikunternehmen also durchaus als Transmissionsriemen dienen - für wirtschaftlichen Erfolg, aber eben auch für eine bessere Versorgung der Patienten.

Denn nur mit diesem Argument lassen sich am Ende die Ärzte überzeugen, die die Innovationen am Ende anwenden sollen.

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