Patienten im Web

Ärzte sind nicht eingebunden

40 Millionen Deutsche nutzen das Internet für Gesundheitsinformationen, darunter auch viele chronisch Kranke. Doch Ärzte haben zu dieser Parallelwelt bisher keinen systematischen Zugang.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
In einer Befragung waren 43 Prozent der "Gesundheits-Surfer" chronisch krank, 29 Prozent suchen aufgrund akuter Beschwerden Informationen im Internet.

In einer Befragung waren 43 Prozent der "Gesundheits-Surfer" chronisch krank, 29 Prozent suchen aufgrund akuter Beschwerden Informationen im Internet.

© contrastwerkstatt / Fotolia.com

BERLIN. Neben der konventionellen Gesundheitsversorgung primär durch Ärzte ist eine medizinische Parallelwelt entstanden: die des Internets und der Gesundheits-Apps, von denen Patienten im Umgang und bei der Bewältigung ihrer Krankheit Unterstützung erwarten.

Inzwischen nutzen 40 Millionen Menschen in Deutschland das Internet, um sich über medizinische Fragen zu informieren. Dies geht aus dem "EPatientSurvey" hervor, den der Medienwissenschaftler Dr. Alexander Schachinger, Geschäftsführer der ePatient RSD GmbH, bei 10.000 Patienten erhoben hat.

Ergebnisse stellte er am Donnerstag beim Unternehmertag des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in Berlin vor.

Durchschnittlich 59 Jahre alt

Danach ist der Gesundheits-Surfer durchschnittlich 59 Jahre alt. 32 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluss, deutlich mehr als der Durchschnitt. 43 Prozent der Befragten sind chronisch krank, 29 Prozent suchen aufgrund akuter Beschwerden Informationen im Internet.

Nur 15 Prozent sind gesund und surfen aus bloßem Interesse. Weitere 15 Prozent geben an, im Interesse kranker Angehöriger Informationen zu suchen.

Genutzt werden die Informationen unter anderem für Medikamenten-Verträglichkeits-Checks. Neun Prozent verwenden Coaching-Apps für eine bessere Bewältigung ihrer Krankheit. 46 Prozent, die eine Medikamenten-App nutzen, berichten von einem deutlich besseren Medikations-Regime.

Schachinger kritisiert jedoch, dass Ärzte – auch wegen Versäumnissen ihrer Organisationen – fast keinen Bezug zu diesem neu entstandenen Informations- und Servicemarkt für Patienten haben. "Damit ist eine Parallelwelt zur konventionellen professionellen Versorgungsstruktur entstanden", so Schachinger.

"Das ist peinlich"

In anderen Ländern, etwa Skandinavien, würden Gesundheits-Apps seit 15 Jahren systematisch evaluiert – in Deutschland fehle eine solche Integration in die professionelle Medizin.

"Das ist peinlich." So sind 58 Prozent der Nutzer nach der Umfrage von alleine auf die App oder den Online-Dienst gestoßen, 20 Prozent über Medien, 14 Prozent über Freunde. Dagegen wünschten sich knapp über die Hälfte der Nutzer Empfehlungen von ihrem Arzt, 34 Prozent von den Krankenkassen.

Auch wenn derzeit digitale Informations- und Servicesysteme überdurchschnittlich von gebildeten Schichten und der Stadtbevölkerung genutzt werden und Gesundheits- und Digitalkompetenz in einem engen Zusammenhang stehen, so sei im Lauf der Zeit mit einer Tendenz zur Egalisierung zu rechnen, meint Schachinger.

Das heißt: Es besteht auch eine Chance, bildungsferne Schichten und damit Problemgruppen in der Gesundheitsversorgung zu erreichen.

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