Karl Kardinal Lehmann

"Im Bett liegt ein ganzer Mensch, nicht nur ein Blinddarm!"

Wettbewerb: Ja. Ökonomische Entscheidungen ohne Rücksicht auf das Wohl der Patienten: Nein! Karl Kardinal Lehmann hat sich beim Internistenkongress klipp und klar positioniert.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Klare Worte von Karl Kardinal Lehmann: Ökonomie ist unverzichtbar, aber der freie Markt darf im Gesundheitswesen niemals zum Maß aller Dinge werden.

Klare Worte von Karl Kardinal Lehmann: Ökonomie ist unverzichtbar, aber der freie Markt darf im Gesundheitswesen niemals zum Maß aller Dinge werden.

© Sebastian Dunkel

Ökonomie ist unverzichtbar, aber der freie Markt darf im Gesundheitswesen niemals zum Maß aller Dinge werden. Das hat Karl Kardinal Lehmann beim Internistenkongress in Mannheim klargestellt. Der emeritierte Bischof von Mainz wies bei einem Referat zum Thema "Ambivalenz des Fortschritts – auch in der Medizin" eindringlich auf Gefahren hin, die sich mit Blick auf einen zunehmenden Wettbewerb im Gesundheitswesen ergeben.

Den Wettbewerb selbst hält Lehmann dabei durchaus für legitim. Er warnte aber davor, dass sich am Ende Kräfte durchsetzen könnten, die den kranken Menschen nicht ganzheitlich sehen, sondern als Fall bestimmen. "Im Bett liegt nicht nur ein Blinddarm, sondern ein ganzer Mensch", sagte Lehmann: "Der Einzelne ist mehr als die Summe seiner medizinischen Fakten und Befunde. Er bringt sein Leben, sein Schicksal, seine Geschichte mit."

Krankenhäuser stünden vor schwierigen Gratwanderungen. "Notwendige ökonomische Einschränkungen dürfen ein humanes Maß nicht überschreiten, bürokratische Erfordernisse müssten immer wieder auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden", forderte Lehmann, der viele Jahre Präsident der Deutschen Bischofskonferenz gewesen ist. Fortschritt sei sinnvoll und wünschenswert, sagte er – dies gelte insbesondere für die Medizintechnik. Entscheidend sei aber, "dass zwischen vielen Apparaten ein konkretes menschliches Angesicht erscheint und sichtbar wird." Die verschiedenen Entgeltsysteme im Versorgungssystem wie etwa die Fallpauschalen dürften nicht "das konkrete Antlitz des einzelnen Menschen", seine Herkunft und seine Geschichte verwischen.

"Auch wenn wir großes Verständnis für ökonomische Aspekte haben, so wollen wir uns nicht dem Diktat allein wirtschaftlicher Aspekte oder Zwänge beugen, betonte Lehmann und sieht Handlungsbedarf. Es gibt aus seiner Sicht im Versorgungssystem genügend Entscheidungsträger, die ökonomische Zwänge zum Handlungsmaßstab machen – aber das dürfe nicht akzeptiert werden, sagte er.

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