Primär Hausärzte tragen die Last der Vorratsrezepte

BERLIN/FRANKFURT (HL). Die Vorratsverordnungen im Dezember 2004 mit Blick auf die Belastungen durch die Gesundheitsreform fielen in den einzelnen ärztlichen Fachgruppen extrem unterschiedlich aus. Am höchsten liegen sie bei Internisten und Allgemeinärzten, am niedrigsten bei HNO-Ärzten, und bei Pädiatern waren die Verordnungen im Dezember sogar rückläufig.

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Im letzten Monat 2003 lagen die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen um rund 600 Millionen Euro über dem Durchschnitt der Vormonate. Die zusätzlich insgesamt 85 Millionen Verordnungen, ausgelöst durch die höheren Zuzahlungen und die Praxisgebühr ab Januar 2004, fielen vor allem bei Ärzten mit einem hohen Anteil von chronischen Patienten an, berichtet das Marktforschungsunternehmen IMS Health.

So lagen die Dezember-Verordnungen bei Internisten um etwa 36 Prozent (plus 17 Millionen) über dem Niveau vom Dezember 2002; bei Allgemeinärzten betrug der Zuwachs knapp 29 Prozent (47 Millionen). Nur minimale Veränderungen gab es bei den Urologen. Bei Pädiatern - bei ihnen sind Zuzahlungen und Praxisgebühren irrelevant - gab es sogar einen Rückgang von acht Prozent.

Relevant könnten diese Reformeffekte für die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Richtgrößen sein. Die Werte sind Plangrößen, durchweg im Jahr 2002 festgelegt. Zum damaligen Zeitpunkt konnten Vorzieheffekte einer Reform, die noch gar nicht im Gespräch war, nicht berücksichtigt werden. Umso wichtiger ist nun, daß die Prüfgremien die außerordentlichen Umstände, die durch die Gesundheitsreform als Nebenwirkung entstanden sind, verständig würdigen und den Ärzten daraus keinen Strick drehen.

Spiegelbildlich fallen - als Folge der Bevorratungsverordnungen - die Verordnungszahlen im Januar viel niedriger aus. Sie liegen bei Praktikern und Internisten um 50 Prozent unter den Dezemberwerten. Verglichen mit dem Januar 2003 liegen sie bei Allgemeinärzten um etwa 38 Prozent und bei den Internisten um etwa 36 Prozent niedriger.

Stark rückläufig mit 40 bis fast 50 Prozent sind die Verordnungen auch bei Dermatologen, HNO-Ärzten, Gynäkologen und Augenärzten. Allerdings mit einem Unterschied: Die Verordnungsrückgänge sind verglichen mit Januar 2003 genauso groß, teilweise noch als stärker als im Vergleich zum Dezember. IMS Health führt dies darauf zurück, daß diese Arztgruppen bislang häufig rezeptfreie Arzneimittel zu Lasten der Kassen verschrieben haben, die aber aufgrund der Regelungen des GMG nicht mehr von den Kassen bezahlt werden.

Zwar können Ärzte diese Arzneimittel mit Angabe der Diagnose bis zum 1. April noch auf Kassenrezept verschreiben - die neue Regelung hat aber die Ärzte stark verunsichert, oder die Patienten kaufen sich - um die Praixsgebühr zu sparen - diese Arznei selbst in der Apotheke.

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