Sacharow-Preis

Würdigung für Gynäkologen aus dem Kongo

Er hat Tausende vergewaltigte und schwer verletzte Frauen behandelt: Der afrikanische Frauenarzt Denis Mukwege erhält den Sacharow-Preis des Europaparlaments.

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Setzt sich für vergewaltigte Frauen ein: der kongolesische Frauenarzt Denis Mukwege.

Setzt sich für vergewaltigte Frauen ein: der kongolesische Frauenarzt Denis Mukwege.

© Montgomery / dpa

BUKAVU. Was Frauen durchmachen und wie furchtbar sie verletzt werden können, wenn sie von einer ganzen Horde Männern vergewaltigt werden, weiß kaum ein Mann besser als Denis Mukwege.

In seiner von wiederholten Bürgerkriegen zerrissenen Heimat Kongo hat der 59 Jahre alte Gynäkologe Tausenden Opfern solcher Verbrechen geholfen.

1989 hatte er eigens im Panzi-Hospital von Bukavu im Osten des Kongo mit dem Aufbau einer Station für Gynäkologie und Frauenheilkunde begonnen.

Längst gilt Mukwege als weltweit führender Experte für die Behandlung von Verletzungen, die durch Gruppenvergewaltigungen sowie durch gezielte physische Unterleibsschändungen verursacht wurden.

Gewehrläufe und kaputte Flaschen

Dieser Arzt hat Wunden geheilt, wie Gynäkologen in anderen Teilen der Welt sie wohl nie oder wenn überhaupt nur höchst selten zu sehen bekommen: Unterleibsverletzungen, die mit Gewehrläufen, Bajonetten oder auch abgebrochenen Flaschen angerichtet wurden.

Bis zu zehn Operationen schafft der Arzt in seinem oftmals 18-stündigen Arbeitstag. Vielfach müssen alle inneren Organe der Frauen rekonstruiert werden.

Fast ebenso wichtig wie die Operationen ist aber auch die soziale und moralische Unterstützung der Vergewaltigungsopfer im Bemühen, sie sozial wieder zu integrieren. Mukwege bildet auch Frauenärzte aus, denen er seine speziellen Techniken beibringt.

Seit den 1990er Jahren hat der Arzt unzählige Frauen behandelt, manche von ihnen mehrmals.

Immer wieder bemüht sich der in Frankreich ausgebildete Gynäkologe auch, neben den physischen die psychischen Wunden der gequälten Mädchen und Frauen zu heilen.

Als aktiver Menschenrechtler setzt er sich zudem auf politischer Ebene unermüdlich dafür ein, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit stärker verfolgt werden.

Das hätte Mukwege wohl fast das Leben gekostet. Wenige Wochen, nachdem er bei einer UN-Konferenz ein Ende der Straflosigkeit für Gruppenvergewaltigungen und mehr internationales Engagement zur Beendigung der bewaffneten Konflikte in seiner Heimat gefordert hatte, überfielen Bewaffnete im Oktober 2012 sein Haus in Bukavu.

Um ein Haar Opfer eines Anschlags

Um ein Haar wäre er bei dem Anschlag von einer Kugel getroffen worden. Einer seiner langjährigen Mitarbeiter wurde von den Angreifern erschossen. Mukwege ging daraufhin ins Exil nach Europa.

Doch bald erreichten ihn Berichte, dass die Klinik ohne ihn kaum zurecht kommt. Anfang 2013 kehrte er nach Bukavu zurück - und wurde von den Einwohnern mit Jubel empfangen.

Für seine großen Verdienste erhält Mukwege jetzt den Sacharow-Preis des Europaparlaments. Die Fraktionsvorsitzenden einigten sich einstimmig auf den Kongolesen, wie der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), am Dienstag in Straßburg sagte.

"Gewürdigt wird der Kampf Mukweges für den Schutz von Frauen", sagte Schulz. Vergeben wird der mit 50 000 Euro dotierte Preis am 26. November.

Die proeuropäische Protestbewegung Euromaidan in der Ukraine, die ebenfalls im Gespräch für den Preis war, wurde besonders gewürdigt. Die Proteste auf dem Maidan-Platz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew begannen im November vergangenen Jahres.

Es gab dabei viel Gewalt und zahlreiche Tote.

Die niederländische Frauenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali und die aserbaidschanische Menschenrechtlerin Leyla Yunus, die auch im Vorfeld der Preisverkündung als aussichtsreich galten, gingen leer aus.

Das EU-Parlament will nach Angaben von Schulz eine Delegation nach Aserbaidschan schicken, um die Sicherheit von Yunus zu überprüfen.

Nobelpreisträgerin aus Pakistan

Im vergangenen Jahr war der Preis an die heute 17-jährige Pakistanerin Malala Yousafzai gegangen, die in ihrer Heimat für ein Recht auf Schulbesuch und Freiheit kämpft.

Kürzlich wurde sie für ihr unermüdliches Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. (dpa/eb)

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