Forschung

Hilft Plazenta essen der Gesundheit?

Als Argument für die Plazentophagie wird das gut verfügbare Eisen im Mutterkuchen angeführt, mit dem sich die Eisenspeicher der Mütter rasch auffüllen lassen sollen. Ob das zutrifft, wurde nun erstmals untersucht.

Von Dr. Dagmar Kraus Veröffentlicht:

LAS VEGAS. Für die meisten ist die Vorstellung, die eigene Plazenta zu verspeisen, wohl einfach nur eklig. Die Anhänger der Plazentophagie hingegen sehen das als das Natürlichste der Welt an, tun dies doch fast alle Säugetiere.

Schließlich habe der Mutterkuchen eine ganze Reihe positiver gesundheitlicher Effekte: Nicht nur Depressionen soll er vorbeugen, auch die körperliche Regeneration soll er fördern und vor allem die leeren Eisenspeicher rasch wieder auffüllen. Tatsächlich bewiesen ist davon allerdings nichts.

US-amerikanische Wissenschaftler haben sich nun des Themas angenommen und den Effekt der Plazentophagie speziell auf den Eisenstatus randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert untersucht (Journal of Midwifery & Women´s Health 2016, online 3. November).

Bei insgesamt 23 gesunden Frauen mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft hatten die Mediziner viermal den Eisenstatus anhand der Parameter Hämoglobin, Transferrin und Ferritin bestimmt: das erste Mal in der 36. Schwangerschaftswoche, dann innerhalb von 96 Stunden nach der Geburt, danach zwischen dem fünften und siebten Tag post partum sowie in der dritten Woche nach der Entbindung.

Plazentakapsel oder Placebokapsel

Die Probandinnen wurden angehalten, ausreichend Eisen mit der Nahrung aufzunehmen, und sollten außerdem im Anschluss an die Entbindung 20 Tage lang entweder Plazentakapseln oder Placebokapseln, die das Biofleisch von Weiderindern enthielten, schlucken: Am ersten bis vierten Tag dreimal täglich zwei Kapseln mit 550 mg Inhalt, am fünften bis zwölften Tag zweimal täglich zwei 550-mg-Kapseln und weitere acht Tage einmal täglich zwei Kapseln.

Mit einem Hb-Wert unter 11,0 g/dl waren 5 der 23 Frauen in der 36. Schwangerschaftswoche anämisch. Erwartungsgemäß sank der Eisengehalt gemessen als Hämoglobinkonzentration unmittelbar nach der Geburt, um sich innerhalb von sieben Tagen wieder zu erholen.

Auch das Serum- oder Plasmaferritin stieg – wie zu erwarten – am Ende der ersten Woche nach der Entbindung. Die Transferrinwerten hingegen stiegen unmittelbar nach der Geburt als Antwort auf den Eisenverlust, um in den folgenden acht Wochen parallel zu den steigenden Eisenwerten wieder zu fallen.

Kein relevanter Unterschied

Ein statistisch relevanter Unterschied zwischen der Plazenta- und der Placebogruppe war dabei nicht festzustellen, weder für den Parameter Hämoglobin noch für Ferritin oder Transferrin. Und das obwohl der durchschnittlich gemessene Eisengehalt in den Plazentakapseln mit 0,664 mg/g höher war als in den Placebokapseln mit 0,093 mg/g.

Mit dieser Studie werde wohl zum ersten Mal der oft zitierte potenzielle Nutzen der Plazentophagie im Hinblick auf den Eisenstatus wissenschaftlich fundiert überprüft, betonen die Studienautoren.

Die Plazentaeinnahme habe im Vergleich zu Placebo den Eisenstatus weder verbessert noch verschlechtert. Ein postpartales Eisendefizit lasse sich somit mit Plazentakapseln nicht ausgleichen, so ihr Resümee.

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