Impfung gegen Papillomaviren ist wichtige Dysplasie-Prophylaxe

NEU-ISENBURG (gwa). Mit einer Impfung gegen Humane Papilloma-Viren (HPV) Typ 16, 18, 6 und 11 kann etwa Zervixkarzinom-Vorstufen und Feigwarzen vorgebeugt werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit bei einer Patientin ist, dass sie noch keine Infektion mit diesen HPV-Typen hat. Eine therapeutische Impfung, also gegen bereits bestehende Läsionen, gibt es derzeit nicht. Das betonte Privatdozent Christian Dannecker vom Münchener Universitätsklinikum Großhadern. Dannecker hat die "Ärzte Zeitung" darauf hingewiesen, dass er in der gedruckten Ausgabe Nr. 55 vom 23. / 24. März zu den Wirkungen und der Nutzung der prophylaktischen Impfstoffe falsch zitiert worden war.

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Die Impfung gegen HPV Typ 16, 18, 6 und 11 wird zur Prävention hochgradiger Zervixdysplasien (CIN 2 und 3), von Zervixkarzinomen, von hochgradigen dysplastischen Läsionen der Vulva (VIN 2 und 3) sowie zur Prävention von Genitalwarzen (Condylomata acuminata) genutzt.

Eine therapeutische Nutzung gegen bereits bestehende, durch diese Virustypen verursachten Läsionen ist mit dem zugelassenen tetravalenten Impfstoff sowie mit dem kurz vor der Zulassung stehenden bivalenten Impfstoff gegen HPV 16 und 18 nicht indiziert. Das betonte Dannecker.

Warum können diese prophylaktischen Impfstoffe nicht auch therapeutisch genutzt werden? "Studien, die mit der Fragestellung therapeutischer Nutzen laufen, laufen mit ganz anderen Impfstoff-Sorten, nicht mit L1-Impfstoffen, wie sie zur Prophylaxe genutzt werden. Der Unterschied ist ganz wesentlich", erklärte Dannecker. Denn: L1 ist das Virus-Capsid-Protein. Und gegen dieses Protein wird mit den prophylaktischen Impfstoffen ein Schutz erzeugt. Und zwar, indem mit Virus-like particle (VLP) geimpft wird. "Letztlich imitieren die VLP die Virushülle, und dadurch werden Virus-neutralisierende Antikörper induziert."

Und das ist etwas völlig anderes als Antikörper zu induzieren, die etwa gegen dysplastische Zellen gerichtet sind. Zudem beruht die Wirksamkeit therapeutischer Impfstoffe nicht allein auf einer humoralen Immunreaktion, sondern vor allem auf einer zellulären Immunantwort (T-Zell-vermittelte Zytotoxizität). Dadurch können die Zellen gezielt vernichtet werden, welche zum Beispiel die viralen E6- und E7-Antigene präsentieren. Derzeit wird weltweit an verschiedenen therapeutischen Impfstoffen geforscht. So war auch die Frauenklinik im Klinikum Großhadern an einer Phase-I-Studie zu einem therapeutischen Impfstoff beteiligt. Doch es könnte nach Danneckers Einschätzung noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis ein solcher Impfstoff verfügbar ist.

Der große Nutzen der heutigen prophylaktischen Impfstoffe ist ein ganz anderer: Sie verhindern eine persistierende Infektion mit den krebsinduzierenden HPV-Stämmen 16 und 18. Das ist entscheidend: Es geht gar nicht so sehr um die transiente Infektion. "Das Entscheidende ist: Wie schnell wird so ein Virus eliminiert? Und da ist der Wirkstoff eben hoch effektiv," sagte Dannecker. Es gibt einen fast 100-prozentigen Schutz vor persistierenden Infektionen mit den entsprechenden Virustypen.

Warum ist das so wichtig? "Voraussetzung für die Entwicklung einer CIN-Läsion oder eines Zervix-Karzinoms ist nicht die einmalige transiente Infektion, sondern die persistierende Infektion. Und die wird verhindert", sagte Dannecker. Und damit werden künftig viel weniger Frauen wegen auffälliger Zervix-Abstriche nachuntersucht und kontrolliert werden müssen und dadurch beunruhigt sein.

Es wird angegeben, dass der Impfschutz etwa vor Dysplasien 70 Prozent beträgt. Warum nicht 100 Prozent? Weil 70 Prozent aller Zervix-Karzinome durch HPV 16 und 18 verursacht werden. Das heißt, es gibt eine Fülle anderer high-risk-Viren, die nur insgesamt viel seltener sind. Aber gegen diese Viren schützt der Impfstoff nicht. Deshalb sollen auch Frauen, die geimpft worden sind, zu regelmäßigen gynäkologischen Früherkennungsuntersuchungen gehen.



STICHWORT

Empfehlungen zur Impfung gegen HPV

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) Typ 16 und 18 für Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren. Die drei für die volle Immunogenität erforderlichen Impfdosen sollten vor dem ersten Geschlechtsverkehr verabreicht werden. Auch Frauen jenseits des von der STIKO empfohlenen Impfalters könnten von der Impfung profitieren, so das RKI. Das heißt, auch Frauen über 17 Jahre, die noch nicht sexuell aktiv sind und noch keinen Geschlechtsverkehr hatten, können ebenso wie jüngere Frauen vom Impfschutz profitieren.

In Deutschland ist der erste tetravalente Impfstoff Gardasil® bereits seit September 2006 verfügbar. Der Impfstoff immunisiert gegen die HPV-Stämme 6, 11, 16 und 18. Die Indikation beruht auf dem Nachweis der Wirksamkeit bei Mädchen und erwachsenen Frauen zwischen 16 und 26 Jahren sowie dem Nachweis der Immunogenität bei Kindern und Jugendlichen zwischen 9 bis 15 Jahren.

Für Cervarix®, eine bivalente Vakzine gegen HPV 16 und 18, ist die Zulassung beantragt. (gwa)

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