Bald Schluckimpfung für Kinder gegen Brechdurchfall

WARSCHAU (nsi). Rotavirus-Infektionen bei Kindern werden in ihrer Häufigkeit, aber auch in ihrer Bedeutung für die Belastungen der Familien und der Gesundheitsversorgungssysteme erheblich unterschätzt. In Deutschland wie auch in anderen europäischen Ländern sind Brechdurchfälle bei zehn Prozent der stationär behandelten Kinder Ursache für die Klinikeinweisung. Diese Brechdurchfälle gehen zu 40 Prozent auf Rotaviren zurück.

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Das hat Professor Klaus-Peter Zimmer von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Münster beim Kongreß der World Society for Pediatric Infectious Diseases (WSPID) in Warschau gesagt. Eine Rotavirus-Schluckimpfung von Säuglingen könnte vor allem schwer verlaufende Gastroenteritiden bei Kindern, die solche Klinikeinweisungen erforderlich machen, verhindern.

Rotavirus-Infektionen sind oft Grund für Klinikeinweisung

46  000 bis 50  000 Rotavirus-Erkrankungen werden dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin jährlich gemeldet, und diese Meldungen machen nach Schätzungen nur acht bis zehn Prozent der tatsächlichen Erkrankungen aus. Ein Virusnachweis werde im allgemeinen nur veranlaßt bei schwer verlaufenden Gastroenteritiden und bei Verdacht auf lokale Häufung, so Zimmer.

Eine Studie unter europäischen Allgemeinmedizinern und Pädiatern habe ergeben, daß nur 40 Prozent der Befragten die orale Rehydration bei einer Rotavirus-bedingten Gastroenteritis für eine gute Behandlungsmethode halten, sagte Zimmer bei einer Presseveranstaltung von Sanofi-Pasteur MSD.

Der Grund: "Es ist schwierig, einem Kind, dem es schlecht geht und das sich häufig erbricht, mit Löffel oder Fläschchen mehrere hundert Milliliter Flüssigkeit und Nahrung zuzuführen, zumal dies bei schweren Verläufen rasch erfolgen muß." Deshalb kämen die Kinder häufig in die Klinik, wo Rehydratation und Realimentation i.v. erfolgten.

Bis zum fünften Lebensjahr wird in Deutschland Schätzungen zu Folge eines von 45 Kindern wegen Rotavirus-verursachten Brechdurchfalls in die Klinik aufgenommen. Nicht nur für die Patienten, auch für deren Eltern bedeuten solche Klinkaufenthalte Streß. Wer arbeitet, muß sich frei nehmen.

Erhalten Kinder drei Mal einen Schluckimpfstoff gegen Rotaviren, sinkt die Zahl der Klinikeinweisungen wegen akuter Rotavirus-Gastroenteritis um knapp 96 Prozent und die Häufigkeit der Notaufnahmen aus dieser Ursache um 93,4 Prozent.

Entsprechende Studiendaten hat Professor David Matson, Professor für Pädiatrie an der Eastern Virgina Medical School in Norfolk in Virginia, bei einem Symposium von MSD beim WSPID vorgestellt.

70 301 gesunde Säuglinge in elf Ländern haben entweder die pentavalente Vakzine (RotaTeq®) oder Placebo erhalten. Der Impfstoff enthält die Serotypen G1 bis G4 und P1, die weltweit am häufigsten vorkommen. Geimpft wurde ab der sechsten bis zwölften Lebenswoche drei Mal in Abständen von vier bis zehn Wochen.

Von 57 134 Kindern lagen Daten zu Krankenhauseinweisungen wegen Rotavirus-Gastroenteritiden bis zum Abschluß des zweiten Lebensjahres vor.

Impfstoff soll im nächsten Jahr auf den Markt kommen

"Die Daten korrelieren mit denen zur Effektivität", erläuterte Matson. Schwere Rotavirus-Gastroenteritiden seien durch die Schluckimpfung zu 98 Prozent verhindert worden, Erkrankungen aller Schweregrade einer Rotavirus-Gastroenteritis zu 75 Prozent.

Der Impfstoff soll im nächsten Jahr auf den Markt kommen, die Zulassung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA ist beantragt.

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