Kanadische Analyse

Populäre Diäten fallen im Test durch

Ist es besser, auf Kohlenhydrate oder auf Fett zu verzichten, wenn man abnehmen will? Das haben kanadische Forscher jetzt untersucht.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Langfristige Abnehm-Erfolge gibt es - egal bei welcher Art von Diät - meist nicht, wie kanadische Forscher herausgefunden haben.

Langfristige Abnehm-Erfolge gibt es - egal bei welcher Art von Diät - meist nicht, wie kanadische Forscher herausgefunden haben.

© Kurhan/Fotolia.com

MONTREAL/KANADA. Es ist wahrlich eine Sisyphosarbeit: Wer es tatsächlich schafft, durch eine konsequente Diät etwas abzunehmen, kann sich darüber nicht lange freuen. Schon nach wenigen Monaten steigt das Gewicht wie von Zauberhand wieder und ein nächster Diätversuch wird fällig, der meist ebenso elend scheitert.

Diäten, egal welcher Art, sind offenbar nicht ausreichend, um sich dauerhaft von den Fettpölsterchen zu trennen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber sie hält viele Menschen nicht davon ab, es immer wieder zu versuchen. Das liegt sicherlich auch an einer milliardenschweren Abspeckindustrie, die den Dicken eintrichtert, mit dieser einen besonderen Diät klappe es nun aber ganz bestimmt.

Vier populäre Diäten analysiert

Wissenschaftliche Studien haben indes noch nie Vorteile der einen gegenüber der anderen Diät beim Reduzieren oder Halten des Gewichts klar nachweisen können, das wird erneut aus einer aktuellen Übersichtsarbeit deutlich, die kanadische Kardiologen und Epidemiologen verfasst haben.

Das Team um Dr. Renée Atallah von der Universität in Montreal hat die vorhandene Literatur zu vier in Nordamerika populären Diäten analysiert: Der Atkins-, Zone-, Weight-Watchers- und South-Beach-Diät. Berücksichtigt wurden nur randomisiert-kontrollierte Studien, in der eine Ernährungsweise gegen allgemeine Ernährungsempfehlungen (Kontrollgruppe) oder gegen eine andere Diät verglichen wurde.

Insgesamt fanden die Forscher zwölf Studien mit mindestens einem Jahr Nachbeobachtungszeit. Zehn verglichen eine der Diäten gegen eine Kontrollgruppe, in zwei Studien traten mehrere Diäten gegeneinander an. Insgesamt hatten an den zwölf Studien über 2500 Abnehmwillige teilgenommen.

Niederschmetternde Resultate

Das Ergebnis war niederschmetternd: Im Vergleich zur Kontrollgruppe mit allgemeinen Empfehlungen konnten nur die Weight-Watchers (vier Studien) ihr Gewicht durchgängig stärker senken. Zwar erzielten die meisten Teilnehmer auch mit den anderen Diäten kurzfristig Erfolge, je länger die Studien dauerten, umso mehr näherten sich die Gewichtsunterschiede in den Gruppen an.

Doch auch die Weight-Watchers profitierten nicht lange, zwei Jahre nach dem Studienbeginn hatten sie sich das meiste des anfänglich verlorenen Gewichts (3,5 bis 6,5 kg) wieder angefuttert.

In direkten Vergleichsstudien schnitten sie zudem nicht besser ab als die anderen Diäten oder eine Kontrollgruppe: Hier lag der Gewichtsverlust mit allen anderen Diäten nach einem Jahr bei 3 bis 5 kg, in der Kontrollgruppe bei 2,5 kg.

In einer der beiden Vergleichsstudien verloren die Teilnehmer am meisten Gewicht mit der Atkins-Diät (4,7 kg) und am wenigsten mit Zone (1,6 kg), in der zweiten Studie bildete Atkins das Schlusslicht (minus 4% Körpergewicht), vorne lag Ornish (minus 6,6%). Auch veränderten sich die kardiovaskulären Risikofaktoren in allen Gruppen in ähnlicher Weise, es ergeben sich letztlich also keine klaren Vorteile der einen über die andere Diät.

Kaum jemand hält den Diätplan durch

Ein großes Problem liegt darin, dass sich viele Patienten nur anfänglich an den aufgestellten Diätplan halten. Nach einer gewissen Zeit fallen sie wieder in die alten Ernährungsgewohnheiten zurück und essen fast das gleiche wie zuvor. Von daher wundert es kaum, wenn sich die Resultate in sämtlichen Studienarmen mit der Zeit angleichen.

Deutlich wird dies etwa in der Vergleichsstudie von Dr. Michael Dansinger aus Boston (JAMA 293, 2005, 43)*. So sollten die Teilnehmer der Atkinsdiät täglich nicht mehr als 20 Gramm Kohlenhydrate konsumieren.

40% gaben innerhalb eines Jahres auf, die übrigen nahmen zum Schluss etwa 70 Gramm pro Tag ein. Nicht besser erging es den Teilnehmern in der Gruppe mit Ornish-Diät. Der Kalorienanteil aus Fett lag nach einem Monat statt der angestrebten 10% bei 27%, nach einem Jahr bei 35% - und zwar bei denjenigen die durchhielten, und das war nur die Hälfte.

Letztlich kommen auch Atallah und Mitarbeiter zu dem Schluss, dass alle geprüften Diäten nur einen kurzfristigen und geringen Gewichtsverlust bewirken, und dieser Vorteil schmilzt mit der Zeit dahin wie Butter in der Sonne.

Fünf beliebte Diäten

Die Atkins-Diät, von dem US-Arzt Dr. Robert Atkins entwickelt, setzt auf eine niedrige Kohlenhydrat-Aufnahme. Sie sollte zu Beginn der Diät täglich 20 Gramm nicht übersteigen. Die Kohlenhydrate sollten zudem überwiegend aus Stärke-armem Gemüse stammen.

Nicht eingeschränkt wird dagegen der Konsum von Fett und Fleisch. Die Idee ist, den Körper von der Verbrennung von Kohlenhydraten auf die Verbrennung von Fett umzustellen. Damit lassen sich nach der Atkins-Theorie auch die Fettpolster bei Dicken leichter abbauen.

Die South-Beach-Diät basiert auf einem Kohlenhydrate-Entzug: In der ersten Phase wird zwei Wochen auf Kohlenhydrate möglichst komplett verzichtet, um den Heißhunger auf Süßigkeiten, Gebäck und stärkehaltige Produkte zu reduzieren. Brot, Kartoffeln, Reis aber auch süßes Obst sind tabu, erwünscht sind hingegen Gemüse und Fisch.

In der zweiten Phase dürfen Kohlenhydrate mit niedrigem glykämischem Index wieder genossen werden, also etwa Vollkornprodukte. Diese Phase dauert so lange, bis das Wunschgewicht erreicht ist, anschließend ist wieder alles erlaubt, solange man nicht wieder zunimmt. Diese Diätform wurde vom amerikanischen Kardiologen Dr. Arthur Agatston entwickelt.

Die Ornish-Diät, benannt nach dem US-Kardiologen Professor Dean Ornish, fordert einen Verzicht von stark Fetthaltigem. Nur zehn Prozent der täglich aufgenommenen Kalorien sollten aus Fett stammen. Gemüse, Obst und Getreide darf in beliebigen Mengen konsumiert werden, fettarme Milchprodukte nur in Maßen. Fleisch, Öle, Nüsse, Samen, Zucker, Honig, Alkohol, Vollmilch sowie alles, was pro Portion mehr als zwei Gramm Fett hat - das ist tabu.

Die Zone-Diät setzt auf eine ausgeglichene Ernährung mit Kohlenhydraten, hauptsächlich aus Obst und Gemüse sowie ungesättigten Fettsäuren, etwa aus Fischen, Nüssen, Avokados oder Pflanzenölen. Tabu sind stärkehaltige Kohlenhydrate, etwa aus Nudeln, sowie gesättigte Fettsäuren.

Die Nahrung sollte zu 40% aus Kohlenhydraten, zu 30% aus Fett und zu 30% aus Protein bestehen. Ein Ziel ist etwa, den Insulinspiegel in einem stabilen Bereich ("Zone") zu halten und starke Schwankungen zu vermeiden. Dies soll den Aufbau von Fettreserven bremsen.

In der Dansinger-Studie gelang damit tatsächlich eine stärkere Senkung des Insulinwerts als mit den anderen Diäten, und zwar von im Schnitt 31 auf 21,5 Mikro-Units/ml, doch der durchschnittliche Gewichtsverlust war deshalb nicht höher, er lag bei knapp 5%.

Bei der Weight-Watchers-Diät ist die Kalorienzahl entscheidend. Gegessen und getrunken werden darf, was schmeckt, jedoch nur bis zu einem gewissen Kalorienlimit. So wird jedem Nahrungsmittel eine Punktzahl zugeordnet. Jeder Punkt entspricht grob 50 Kilokalorien. Die Teilnehmer dürfen eine gewisse Punktzahl nicht überschreiten.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“