Kleinkinder

Antibiotika als Dickmacher

Säuglinge, die oft Antibiotika bekommen, neigenin den folgenden Jahren eher zu starkem Übergewicht. Die Assoziation scheint allerdings nur für bestimmte Antibiotika zu gelten.

Veröffentlicht:
erhalten Kleinkinder früh Antibiotika, erhöht dies wohl ihr Risiko für Adipositas.

erhalten Kleinkinder früh Antibiotika, erhöht dies wohl ihr Risiko für Adipositas.

© Vivid Pixels / fotolia.com

PHILADELPHIA. Ob ein Kleinkind dick wird oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab, die außer Kalorienaufnahme und Aktivität auch die Schlafdauer oder den BMI der Mutter vor der Schwangerschaft einschließen.

 Jüngsten Erkenntnissen zufolge könnte die Gewichtsentwicklung zudem von der mikrobiellen Besiedelung des Darms beeinflusst werden: Bei Adipösen setzt sich das Darmmikrobiom anders zusammen als bei schlanken Menschen und scheint für eine intensivere Nahrungsverwertung zu sorgen.

Die Kolonisation des Darms beginnt mit der Geburt und unterliegt in den ersten beiden Lebensjahren starken Veränderungen, abhängig von äußeren Faktoren wie Ernährung, Hygiene und Medikamenten. Antibiotikatherapien in dieser Zeit könnten also Mikrobiom und Gewicht prägen.

Darauf deutet auch eine Längsschnittstudie hin, in der Kinder, die vor dem sechsten Lebensmonat antibiotisch behandelt wurden, mit drei Jahren öfter adipös waren. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine in JAMA Pediatrics (online, 29. September) veröffentlichte Studie:

Eine wiederholte Behandlung mit Breitspektrum-Antibiotika in den ersten beiden Lebensjahren ist danach mit einem erhöhten Adipositasrisiko im Alter von zwei bis vier Jahren assoziiert. Für die Studie wurden Daten von 65.480 zwischen 2001 und 2009 in Philadelphia geborenen Kindern ausgewertet.

Als Säuglinge hatten 69 Prozent mindestens einmal ein Antibiotikum erhalten, im Mittel wurde jedes Kind 2,3-mal behandelt. Eine Adipositas bestand im Alter von zwei bis vier Jahren bei 10-15 Prozent der Kinder.

Antibiotika mit schmalem Wirkspektrum irrelevant

Das Risiko für Adipositas nahm mit steigendem Gebrauch von Antibiotika zu. Bei vier und mehr Episoden war es um 11 Prozent, bei mindestens vier Einsätzen von Breitspektrum-Antibiotika um 16 Prozent erhöht. Antibiotika mit schmalem Wirkspektrum waren dagegen in jedem Alter irrelevant für das spätere Gewicht.

Besonders folgenreich war eine Antibiotika-Behandlung in den Monaten 0-5 und 6-11, das Adipositasrisiko ging um 11 bzw. 9 Prozent nach oben. Mit den zugrunde liegenden Erkrankungen hat die Risikosteigerung offenbar nichts zu tun:

Entzündungen des Rachens und des Mittelohrs, die beiden häufigsten Antibiotika-Indikationen im Säuglingsalter, waren ohne Einfluss auf das Auftreten von Adipositas.

Die Autoren um L. Charles Bailey von der Kinderklinik in Philadelphia sehen "in der wiederholten Anwendung von Breitspektrum-Antibiotika bei Säuglingen einen modifizierbaren Risikofaktor für eine spätere Adipositas".

Modifizierbar, da Breitspektrum-Antibiotika häufig in Indikationen verordnet würden, die dies nicht erforderten. Durch den leitliniengemäßen Gebrauch von Antibiotika mit schmalerem Wirkspektrum könne daher auch ein Beitrag zur Adipositas-Prävention geleistet werden. (bs)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kommentar zu Antibiotika-Studie: Ein Argument mehr

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen