20 Minuten pro Tag

Spazierengehen verlängert das Leben

Schon ein wenig mehr Bewegung jeden Tag könnte bei Menschen, die in Job und Freizeit viel sitzen, lebensverlängernd wirken. Forschern zufolge ist der Gesundheit damit sogar mehr gedient als mit einem BMI im Normbereich.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Im Vergleich zu inaktiven Studienteilnehmern hatten Personen, die sich täglich in ihrer Freizeit ein wenig mehr bewegten, wie etwa bei Spaziergängen, eine um 20 bis 30 Prozent verringerte Gesamtsterblichkeit.

Im Vergleich zu inaktiven Studienteilnehmern hatten Personen, die sich täglich in ihrer Freizeit ein wenig mehr bewegten, wie etwa bei Spaziergängen, eine um 20 bis 30 Prozent verringerte Gesamtsterblichkeit.

© peppi 18 / fotolia

CAMBRIDGE. Die EPIC-Studie ist eine prospektive Kohortenstudie mit Teilnehmern aus 23 Zentren in zehn europäischen Ländern.

Die Forscher um Ulf Ekelund von der Universität Cambridge haben über 300.000 EPIC-Teilnehmer nach ihren körperlichen Aktivitäten befragt und sie über durchschnittlich 12,4 Jahre nachbeobachtet (Am J Clin Nutr 2015; online 14. Januar).

Unter den 116.980 Männern und 217.181 Frauen ereigneten sich in dieser Zeit 11.086 bzw. 10.352 Todesfälle.

Das Aktivitätsniveau der Teilnehmer wurde mithilfe eines Fragebogens eingestuft, der sowohl die körperliche Aktivität im Beruf als auch Freizeitsport erfasste. Als inaktiv galt beispielsweise ein Büroangestellter in sitzender Tätigkeit, der sich auch in der Freizeit kaum bewegte.

Mäßige Inaktivität entsprach entweder stehender Tätigkeit (ohne Sport) oder sitzender Tätigkeit plus bis zu einer halben Stunde leichte Freizeitaktivität, zum Beispiel Spaziergänge (täglicher Energieumsatz durchschnittlich 41 kJ/kg).

Bei mäßiger Aktivität im Job oder in der Freizeit wurden durchschnittlich 46 kJ/kg umgesetzt. Die aktivste Gruppe brachte es entweder durch einen körperlich fordernden Job oder mehr als eine Stunde Sport täglich auf 51 kJ/kg.

Größter Effekt bei Normalgewicht

In der Studie dienten die inaktiven Teilnehmer als Referenzgruppe. Im Vergleich zu dieser zeigten mäßig inaktive Teilnehmer eine um 20 bis 30 Prozent verringerte Gesamtsterblichkeit im Beobachtungszeitraum.

Am deutlichsten machte sich der lebensverlängernde Effekt einer Trainingssteigerung bei Normalgewichtigen bemerkbar (BMI 18,5-24,9): Hier wurden Risikoreduktionen um bis zu 41 Prozent erreicht, wenn inaktive Teilnehmer es auf ein aktives Level schafften.

Dagegen hatte ein intensiviertes Sportprogramm bei einem BMI über 30 im Hinblick auf die Mortalität offenbar keinen Zusatznutzen.

Lebenserwartung um 0,7 Jahre höher

Legte man den Berechnungen anstelle des BMI den Taillenumfang zugrunde, ergab sich ein ähnliches Bild: Den deutlichsten Unterschied im Sterberisiko fand man zwischen der inaktiven und der mäßig inaktiven Gruppe, und zwar sowohl bei den schlanken Teilnehmern als auch bei denjenigen mit abdomineller Adipositas (HR 0,57 bzw. 0,79).

Eine solche liegt bei Männern ab einem Taillenumfang von 102 cm, bei Frauen ab 88 cm vor. Auch hier hatte es jedoch keinen Sinn, wenn sich Fettleibige noch weiter steigerten.

Betrachtete man Freizeitsport und berufliche Aktivität getrennt, hatte nur Ersterer einen Einfluss auf die Mortalität. Wer im Job körperlich mehr leistete, sich aber privat nicht mehr bewegte, hatte kein geringeres Sterberisiko.

Wenn man alle Sportverächter dazu bringen würde, nur 20 Minuten täglich spazieren zu gehen, könnte man die Zahl der Todesfälle in dieser europäischen Kohorte rein theoretisch um 7,35 Prozent senken, rechnen die Forscher vor.

Die Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt würde sich damit um durchschnittlich 0,7 Jahre erhöhen. Entsprechende Risikoberechnungen mit Bezug auf die Adipositas (BMI > 30) fallen deutlich bescheidener aus: So sänke die Zahl der Todesfälle nur um 3,66 Prozent, wenn alle Teilnehmer unter einem BMI von 30 blieben.

Das würde bedeuten, dass körperliche Inaktivität zumindest in Europa für mehr als doppelt so viele Todesfälle verantwortlich ist wie die Adipositas, so die Forscher.

Nach Ekelund und Kollegen gilt dies jedoch nicht für die abdominelle Adipositas: Würde diese vermieden, würde die Mortalität um 6,53 Prozent sinken, das entspricht einem Gewinn von durchschnittlich 0,62 Lebensjahren.

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