Adipositas

Op erfordert lebenslange Nachsorge

Entscheidend für die Indikation zur Adipositaschirurgie ist der Leidensdruck des Patienten, aber auch dessen Bereitschaft zu Ernährungsanpassung und Nachsorge sowie zur dauerhaften Supplementationstherapie.

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MÜNCHEN. Da ein allgemein anerkanntes Nachsorgeschema bei Adipositaschirurgie nicht existiert, entwickelt bislang jedes Zentrum sein eigenes Programm. Die Nachsorge sollte von einem Adipositas-Chirurgen oder einem einschlägig erfahrenen Arzt wie etwa einem Ernährungsmediziner koordiniert werden.

Professor Hans Hauner, Direktor der Klinik für Ernährungsmedizin der TU München, geht von vier postoperativen Nachsorgeterminen im ersten Jahr, zwei im zweiten Jahr und anschließend mindestens einer jährlichen Untersuchung möglichst lebenslang mit Gewichtsdokumentation und verschiedenen Laborkontrollen aus.

Studiendaten belegen, dass Patienten mit regelmäßiger postoperativer Nachsorge nach laparoskopischem Magen-Bypass signifikant mehr Gewicht verlieren als solche, die die Nachsorge vernachlässigen.

Daher sieht die S3-Leitlinie zur Chirurgie der Adipositas vor, die Indikation zur bariatrischen Operation bei Patienten, die die Nachsorge verweigern oder deren Notwendigkeit nicht verstehen, sehr kritisch zu stellen. Als hilfreich für die dauerhafte Gewichtsabnahme hat sich auch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen erwiesen.

Knochendichte messen!

Zudem betont Hauner online in einer "Ernährungsempfehlung nach bariatrischer Chirurgie"; die Wichtigkeit von Knochendichtemessungen, regelmäßiger körperlicher Aktivität sowie Psychotherapie.

Letztere ist in der derzeit in Überarbeitung befindlichen S3-Leitlinie nicht routinemäßig vorgesehen, sondern nur dann, wenn bereits präoperativ psychische Störungen vorlagen. Angesichts der zweifach erhöhten postoperativen Suizidrate muss aber in jedem Fall auf ein Neu- oder Wiederauftreten psychischer Störungen geachtet werden.

Experten raten dazu, den Patienten bereits präoperativ durch eine Ernährungsfachkraft mitbetreuen zu lassen, da dies zu einer größeren und schnelleren Gewichtsabnahme nach der Op führe.

Der postoperative Kostaufbau gliedert sich in drei Phasen: In den ersten zwei Wochen wird Flüssigkost verabreicht, die ab dem zweiten postoperativen Tag neben ungesüßtem Tee und stillem Wasser auch fettarme Milch, Joghurt, Quark und Suppen enthält.

Zwei bis vier Wochen postoperativ werden zudem pürierte Kost (Fleisch, Fisch, Gemüse, Ei), Joghurt, Quark, weiches Brot etc. empfohlen. Die Lebensmittel sollen fett- und säurearm, nicht blähend sowie eiweißreich sein.

Danach ist es Zeit für leichte Vollkost in kleinen Portionen. Spontan auftretende Nahrungsmittelintoleranzen gelten laut Hauner als normal. Weiterhin werden fette, blähende, süße, stark gewürzte, zu heiße, zu kalte oder stark angebratene Speisen sowie Rotwein, Bohnenkaffee, Spirituosen und Getränke mit Kohlensäure oft schlecht vertragen.

Auf Kalzium und Vitamin B achten

Trotz ausgewogener Kost treten bei vielen Patienten postoperativ Vitamin- und Mineralstoffmängel auf, weshalb regelmäßige Laborkontrollen unabdingbar sind. Insbesondere muss auf Defizite bei Kalzium und Vitamin B geachtet werden.

Bei jedem zehnten Patienten findet sich eine Anämie und bei 80 Prozent ein Vitamin-D-Mangel, der zum Teil trotz Supplementation persistiert. Auch ein Proteinmangel ist keine Seltenheit.

Je nach aktuellen Laborwerten empfiehlt Hauner die zusätzliche Zufuhr von Eisen, Vitamin B12, Folsäure, Kalzium, Vitamin D und/oder Vitamin B1 .

Da sich die Pharmakodynamik vieler Medikamente postoperativ verändert, sind Dosisanpassungen nötig. So kommt es nach Magen-Bypass und BPD rasch zu Veränderungen der diabetischen Stoffwechsellage, was häufige Kontrollen erfordert. (St)

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