Kuhmilch

Ein Allergie, die oft keine ist

Viele Kinder mit einer vermeintlichen Kuhmilchallergie sind oft falsch diagnostiziert. Kollegen aus Israel haben nun gezeigt, wann am häufigsten Fehler gemacht werden.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Guten Appetit.

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© Aestetica / fotolia.com

ZERIFIN. Ungefähr eines von hundert Kindern leidet, meistens im ersten Lebensjahr, an Kuhmilchallergie. Diese ist damit eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien.

Noch häufiger sind jedoch falsch diagnostizierte Allergien gegen Kuhmilch. Ärzte um Dr. Arnon Elizur in Israel wollten daher wissen, ob bestimmte Merkmale besonders oft mit solchen Fehldiagnosen assoziiert sind.

In einer prospektiv beobachteten Kohorte von 13.234 Neugeborenen wurde bei 243 Kindern (1,9 Prozent) zu Unrecht die Diagnose "Kuhmilchallergie" gestellt (Arch Dis Child 2013; Online 26. März).

Die Diagnose musste später aufgrund von Anamnese (zeitlicher Zusammenhang mit der Exposition, Art der Symptome, Reproduzierbarkeit) und gegebenenfalls Prick-Tests und oraler Provokation revidiert werden.

Die Fehldiagnose war in den meisten Fällen vom Haus- oder Kinderarzt gestellt worden, immerhin 67 Fälle waren aber auch von den Eltern. Eine bestätigte Kuhmilchallergie fand sich bei 66 Kindern.

Die Mehrzahl der Kinder mit "falscher" Kuhmilchallergie war schon in den ersten drei Lebensmonaten "symptomatisch", die Hälfte von ihnen sogar schon in den ersten zwei Monaten.

Dagegen lag das Maximum des Symptomenbeginns bei Kindern mit echter IgE-vermittelter Kuhmilchallergie erst im dritten bis vierten Lebensmonat; im Alter von zwei Monaten hatten gerade mal 20 Prozent Beschwerden.

Gründliche Untersuchung gefordert

IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien manifestieren sich üblicherweise an Haut, Atemwegen und Gastrointestinaltrakt. Dementsprechend waren auch in der Studie bei den meisten Säuglingen (70 Prozent) mit echter Kuhmilchallergie mehrere Organsysteme betroffen.

Die fehldiagnostizierten Kinder hatten dagegen überwiegend (74 Prozent) nur an einem Organsystem Symptome. Bei ihnen gab es im Vergleich auch deutlich öfter unspezifische und gastrointestinale Beschwerden und seltener Haut- und Atemwegssymptome.

Dass ein höherer Bildungsgrad der Mutter die Fehldiagnose einer Kuhmilchallergie begünstigt, konnte - im Gegensatz zu früheren Untersuchungen - in dieser Studie nicht bestätigt werden.

Kinder von gebildeteren Mütter litten allerdings häufiger an unspezifischen Symptomen (Unruhe, "wirkt nicht gesund"), die teilweise irrtümlich mit einer Kuhmilchallergie in Verbindung gebracht wurden.

Die Forscher fordern daher eine gründliche Untersuchung für jedes Kind mit Verdacht auf Kuhmilchallergie. Nur so ließen sich "unnötige und potenziell schädliche" Eliminationsdiäten vermeiden.

"Unsere Beobachtungen verdeutlichen, dass die Diagnose einer Kuhmilchallergie - außer nach einer anaphylaktischen Reaktion - von einem oralen Provokationstest abhängig zu machen ist."

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