Starke Reaktionen

Warum Ambrosia-Pollen Allergiker verzweifeln lassen

Das Beifußblättrige Traubenkraut produziert bekannterweise Pollen, die schon in sehr geringer Menge starke allergische Reaktionen wie Asthma auslösen können. Warum das so ist, haben Münchner Forscher jetzt herausgefunden.

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MÜNCHEN. Das Beifußblättrige Traubenkraut produziert bekannterweise Pollen, die schon in sehr geringer Menge starke allergische Reaktionen wie Asthma auslösen können.

Forscher der Technischen Universität München und des Helmholtz Zentrums München haben nun gezeigt, dass das bisher bekannte Hauptallergen Amb a 1 des Beifußblättrigen Traubenkrauts (Ambrosia artemisiifolia) nur in Kombination mit dem ebenfalls im Pollen vorhandenen Adenosin so stark allergen wirkt, teilt die Technische Universität München (TUM) mit.

Erst in den letzten Jahrzehnten begann die starke Ausbreitung des Traubenkrauts. Als wichtigster Allergieauslöser im Pollen der Pflanze gilt bisher das Protein Amb a 1 Gelangen Ambrosia-Pollen in die Atemwege, lösen sie starke Entzündungen im Lungengewebe aus, was Atemprobleme oder sogar Asthma erzeugen kann.

Wie wirken die Pollen auf Lungengewebe?

Die Forscher um Professor Claudia Traidl-Hoffmann, Inhaberin des TUM-Lehrstuhls für Umweltmedizin, und um Professor Carsten Schmidt-Weber, Leiter des Zentrums Allergie und Umwelt der TUM und des Helmholtz Zentrums München, testeten in einem experimentellen Krankheitsmodell, wie einzelne Bestandteile des Pollens auf das Lungengewebe wirkten (Allergy 2015; online 28.Mai).

"Wir konnten zeigen, dass das Hauptallergen Amb a 1 alleine kaum Entzündungen auslöste - im Gegensatz zum gesamten Pollenextrakt, der sehr allergen war." wird Dr. Maria Wimmer, die zusammen mit Dr. Francesca Alessandrini Hauptautorin der Studie ist in einer Mitteilung der TUM zitiert.

Im Rahmen eines experimentellen Krankheitsmodells wurden über elf Tage unterschiedliche Bestandteile des Pollens intranasal verabreicht.

Anschließend untersuchten die Forscher die Lungen auf entzündliche Merkmale unter anderem das Vorhandensein spezieller Immunzellen im Gewebe. Bei der Studie wurde zum einen der gesamten Pollenextrakt oder das Protein Amb a 1 verabreicht, zum anderen eine proteinfreie Fraktion des Pollenextrakts.

"Entgegen unserer Erwartungen löste lediglich der Gesamtextrakt einen allergischen Effekt aus. Die Vermutung war, dass eine andere Substanz neben Amb a 1 für die Wirkung des Pollens verantwortlich ist", so Alessandrini.

Adenosin kommt auch in Birkenpollen vor

Bei der Suche nach einem Kandidaten, kam den Wissenschaftlern eine frühere Studie aus eigenen Reihen zu Hilfe: der Stoff Adenosin konnte in hoher Konzentration in Birkenpollen nachgewiesen werden.

"Adenosin ist auch im Ambrosia-Pollen in großen Mengen vorhanden - es war somit ein interessanter Kandidat.", ergänzt die Forscherin.Um diese Hypothese zu testen, entfernten sie Adenosin aus dem gesamten Pollenextrakt und verabreichten das Gemisch nochmals, heißt es in der Mitteilung.

Das Ergebnis: nur noch sehr geringe Entzündungszeichen waren zu sehen. Gaben die Wissenschaftler Adenosin alleine, wurde ebenfalls keine deutliche allergische Reaktion in der Lunge beobachtet.

"Wie genau Adenosin bei Allergien verstärkend wirkt, können wir leider noch nicht sagen. Aber offensichtlich bindet das Pollenadenosin an die körpereigenen Rezeptoren und kann in Kombination mit anderen Stoffen Allergien auslösen", erklärt die Autorin Dr. Marin Wimmer in einer Mitteilung der TUM.

In experimentellen Studien konnte bereits gezeigt werden, dass Adenosin-Rezeptor-Antagonisten als Medikamente gegen Asthma helfen können.

"Da Adenosin laut unserer Studie ein entscheidender Faktor bei der Ambrosia-Allergie ist, wollen wir im nächsten Schritt testen, ob diese Substanzen auch hier die asthmatischen Symptome lindern oder vorbeugen können", fasst Wimmer in der Mitteilung die nächsten Pläne zusammen. (eb)

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