Tränen, Jucken, Ausschlag?

So lassen sich Allergien früh verhindern

Was hilft wirklich, um Allergien einzudämmen oder gar zu verhindern? Diese aktuellen Empfehlungen unterstützen Ärzte bei der Prävention.

Von von Professor Torsten Schäfer Veröffentlicht:
Familien mit erhöhtem Allergierisiko sollten keine Katzen anschaffen.

Familien mit erhöhtem Allergierisiko sollten keine Katzen anschaffen.

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- Stillen: Die aktuelle Datenlage unterstützt die Empfehlung, dass für den Zeitraum der ersten 4 Monate voll gestillt werden soll.

- Mütterliche Ernährung in der Schwangerschaft und / oder Stillzeit: Während Schwangerschaft und Stillzeit wird eine ausgewogene und nährstoffdeckende Ernährung empfohlen. Diätetische Restriktionen (Meidung potenter Nahrungsmittelallergene) während der Schwangerschaft oder Stillzeit sollen aus Gründen der Primärprävention nicht erfolgen.

Es gibt Hinweise, dass Fisch in der mütterlichen Ernährung während der Schwangerschaft und oder Stillzeit einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen beim Kind hat. Fisch sollte Teil der mütterlichen Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit sein.

- Muttermilchersatznahrung bei Risikokindern: Wenn nicht oder nicht ausreichend gestillt wird, soll hydrolysierte Säuglingsnahrung bei Risikokindern gegeben werden. Die aktuelle Datenlage stützt diese Empfehlung für den Zeitraum der ersten 4 Lebensmonate. Soja-basierte Säuglingsnahrungen sind zum Zwecke der Allergieprävention nicht zu empfehlen.

- Einführung von Beikost und Ernährung des Kindes im 1. Lebensjahr: Eine Verzögerung der Beikosteinführung zur Allergieprävention soll nicht erfolgen. Für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restriktion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr gibt es keine Belege. Sie sollte deshalb nicht erfolgen. Für einen präventiven Effekt durch Einführung potenter Nahrungsmittelallergen vor dem vollendeten 4. Lebensmonat gibt es derzeit keine gesicherten Belege. Es gibt Hinweise darauf, dass Fischkonsum des Kindes im 1. Lebensjahr einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen hat. Fisch sollte mit der Beikost eingeführt werden.

- Körpergewicht: Es gibt Belege, dass ein erhöhter Body Mass Index (BMI) mit Asthma positiv assoziiert ist. Bei Kindern soll Übergewicht / Fettleibigkeit auch aus Gründen der Asthmaprävention vermieden werden.

- Haustierhaltung: Personen ohne erhöhtes Allergierisiko sollten die Haustierhaltung nicht einschränken. Bei Risikokindern gilt: Familien mit erhöhtem Allergierisiko sollten keine Katzen anschaffen. Hundehaltung ist nicht mit einem höheren Allergierisiko verbunden.

- Hausstaubmilben: Zur Primärprävention können spezifische Maßnahmen, z. B. milbenallergendichter Matratzenüberzug (encasing) zur Reduktion der Exposition gegenüber Hausstaubmilbenallergenen nicht empfohlen werden.

- Schimmel und Feuchtigkeit: Ein Innenraumklima, das Schimmelpilzwachstum begünstigt (hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Ventilation), sollte vermieden werden.

- Exposition gegenüber Tabakrauch: Aktive und passive Exposition gegenüber Tabakrauch erhöhen das Allergierisiko (insbesondere das Asthmarisiko) und sind zu vermeiden. Dies gilt bereits während der Schwangerschaft.

- Innenraumluftschadstoffe: Es gibt Hinweise darauf, dass Innenraumluftschadstoffe das Risiko für atopische Erkrankungen, insbesondere Asthma, erhöhen können (z.B. Formaldehyd, flüchtige organische Komponenten, wie sie besonders durch neue Möbel und bei Maler- und Renovierungsarbeiten freigesetzt werden können). Die Exposition gegenüber Innenraumluftschadstoffen sollte gering gehalten werden.

- Kfz-Emission: Die Exposition gegenüber Stickoxiden und kleinen Partikeln (PM2,5) ist mit einem erhöhten Risiko, besonders für Asthma, verbunden. Die Exposition gegenüber Kraftfahrzeug-bedingten Emissionen sollte gering gehalten werden.

- Impfungen: Es gibt keine Belege, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen, aber Hinweise, dass sie es senken können. Es wird empfohlen, alle Kinder, auch Risikokinder, nach den STIKO-Empfehlungen zu impfen.

- Kaiserschnitt: Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder die durch Kaiserschnitt auf die Welt kommen, ein erhöhtes Allergierisiko haben. Dies sollte bei der Wahl des Geburtsverfahrens berücksichtigt werden, sofern keine medizinische Indikation für einen Kaiserschnitt besteht.

Stellungnahmen

- Einfluss von Probiotika: Ein präventiver Effekt von Probiotika konnte bislang nur für das atopische Ekzem dargestellt werden. Eine Empfehlung hinsichtlich konkreter Präparate, Applikationsformen und Dauer und Zeitpunkt der Gabe kann aufgrund der Heterogenität der Bakterienstämme und der Studiendesigns nicht gegeben werden.

- Einfluss von Präbiotika: Ein präventiver Effekt von Präbiotika konnte bislang nur für das atopische Ekzem dargestellt werden. Eine Empfehlung kann aufgrund der geringen Anzahl und der Heterogenität der Studien nicht gegeben werden.

- Ernährung allgemein und Vitamin D: Es gibt Hinweise, dass der Konsum von Gemüse und Früchten, einer sog. mediterranen Kost, von O3-FS (bzw. ein günstiges O3:O6-Verhältnis), sowie von Milchfett einen präventiven Effekt auf atopische Erkrankungen hat.

Bezüglich der Bedeutung von Vitamin D für die Entstehung allergischer Erkrankungen ist die Studienlage derzeit widersprüchlich. Insgesamt ist die Datenlage derzeit nicht ausreichend, um eine Empfehlung zu formulieren.

- Unspezifische Immunmodulation: Es gibt Belege, dass eine frühzeitige unspezifische Immunstimulation vor der Entwicklung allergischer Erkrankungen schützt. Hierzu zählen z. B. das Aufwachsen auf einem Bauernhof, der Besuch einer Kindertagesstätte in den ersten 2 Lebensjahren und eine höhere Anzahl älterer Geschwister.

- Medikamente: Die beschriebenen Zusammenhänge zwischen der Einnahme von Antibiotika, Paracetamol oder Acetaminophen und atopischen Erkrankungen sind aufgrund potenziell verzerrender Einflussfaktoren nicht sicher zu interpretieren. Bislang fehlt der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen entsprechender Medikamenteneinnahme und der Entwicklung von atopischen Erkrankungen.

- Psychosoziale Faktoren: Es gibt Hinweise, dass ungünstige psychosoziale Faktoren (z. B. schwerwiegende Lebensereignisse) während der Schwangerschaft und Kindheit zur Manifestation von atopischen Erkrankungen beitragen können.

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