COPD

Welchen Einfluss haben Sport und Reha?

In Sachen körperlicher Aktivität von COPD-Patienten muss noch viel getan werden. Die Umsetzung von Empfehlungen der Fachgesellschaften ist für Patienten mit Lungenerkrankungen allerdings schwierig.

Von Dr. Marc Spielmanns Veröffentlicht:
Im Zentrum der Bemühungen einer pneumologischen Rehabilitation sollte auch eine Steigerung der körperlichen Aktivität stehen.

Im Zentrum der Bemühungen einer pneumologischen Rehabilitation sollte auch eine Steigerung der körperlichen Aktivität stehen.

© Robert Kneschke / fotolia.com

Exazerbationen stellen für COPD-Patienten ein erhebliches Risiko dar. In einer aktuellen Arbeit von Guerrero aus dem Jahre 2016 konnte an einer großen Patientenzahl gezeigt werden, dass die 30 Tage-Rehospitalisations-Rate bei ca. 18 % liegt.

Für die Patienten, die erneut stationär aufgenommen werden, steigt die Mortalität gegenüber den nicht erneut hospitalisierten Patienten um 17 % innerhalb von 6 Monaten an, um 20 % innerhalb von 1 Jahr und um 24 % innerhalb von 3 Jahren. Somit stellt die Vermeidung einer erneuten Hospitalisierung nach akuter Exazerbation ein wichtiges Therapieziel dar.

In einem älteren Cochrane-Review von Puhan et al. konnte an 6 kontrollierten Studien mit insgesamt 219 Patienten gezeigt werden, dass durch eine pneumologische Rehabilitation die erneute Rehospitalisierung in der Interventionsgruppe deutlich gesenkt werden konnte. Hier sank auch durch die Rehabilitationsmaßnahme die Mortalität.

Ende 2016 wurde dieser Cochrane-Review aktualisiert. Weiterhin lässt sich die Anzahl der Rehospitalisationen nach akuter Exazerbation durch eine Rehabilitationsmaßnahme signifikant senken (OR 0,44, 95 %CI 0,21; 0,91).

Kein Einfluss auf Mortalität

Allerdings zeigte sich in dieser systematischen Übersicht kein Einfluss auf die Mortalität. In einer eigenen Arbeit wurde über 1 Jahr prospektiv die Rate erneuter Exazerbationen nach durchgemachter akuter Exazerbation bei COPD-Patienten untersucht.

In der Rehabilitationsgruppe sank die durchschnittliche Anzahl der Re-Exazerbationen von 2,67 auf 0,97 in der Rehabilitationsgruppe, wenngleich in der Kontrollgruppe die Anzahl der Exazerbationen in etwa gleich blieb. In der Rehabilitationsgruppe konnte die Anzahl der erneuten Exazerbationen insgesamt durchschnittlich um 54 % gesenkt werden.

Dass sich durch eine Rehabilitationsmaßnahme die körperliche Leistungsfähigkeit, die Befindlichkeit und auch die Symptomatik der Patienten deutlich verbessern lassen, ist zwischenzeitlich hinreichend bekannt. In einer neueren Arbeit wurde untersucht, inwieweit sich die Lungenfunktion durch eine Rehabilitationsmaßnahme beeinflussen lässt. Generell gilt, dass sich durch eine Rehabilitationsmaßnahme die Lungenfunktion nicht wesentlich beeinflussen lässt.

In einer kontrollierten Studie konnte nun aber gezeigt werden, dass sich die Inspirationskapazität in der Rehabilitationsgruppe durch die Rehabilitationsmaßnahme durchschnittlich um 500 ml verbessert, wenngleich in der Kontrollgruppe kein signifikanter Unterschied nachweisbar war.

In einer anderen Arbeit konnte gezeigt werden, dass hierzu nicht immer nur ein konventionelles Krafttraining erforderlich ist. In einer randomisiert kontrollierten Studie wurde ein sensomotorisches Krafttraining mit einem konventionellen Krafttraining verglichen. Es zeigte sich hierbei bei Steigerung der koordinativen Fähigkeiten ein gleicher Zuwachs der Leistungsfähigkeit wie in der Kontrollgruppe. Ob sich durch ein sensomotorisches Krafttraining die koordinativen Fähigkeiten so stark verbessern, dass auch die Fallneigung, welche bei COPD-Patienten bekanntermaßen erhöht ist, reduzieren lässt, muss in weiteren Studien geklärt werden.

Schon seit längerem ist bekannt, dass bei der COPD bereits im frühen Stadium mit einer verminderten körperlichen Aktivität zu rechnen ist. In einer neuen Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht zwingend mit einer vermehrten körperlichen Aktivität einhergeht.

Umsetzung von Empfehlungen für Patienten schwierig

Tendenzielle Empfehlungen für Patienten mit Lungenerkrankungen sind von zahlreichen Fachgesellschaften veröffentlicht. Dennoch ist die Umsetzung für Patienten extrem schwierig. Vielleicht bieten hier die modernen Medien eine Chance, die Patienten in mehr Bewegung zu bringen.

In einer gerade veröffentlichten europäischen Multicenter-Studie konnte gezeigt werden, dass unter Zuhilfenahme eines Telecoaching-Programmes (Schrittzähler, Übungsbuch, Smartphone-App, Nachrichten- und Telefonkontakte) ein erheblicher und signifikanter Zuwachs an Schritten pro Tag nachzuweisen war.

Im Zentrum der Bemühungen einer pneumologischen Rehabilitation sollte nicht nur eine Steigerung der Leistungsfähigkeit, eine Verbesserung der Befindlichkeit und eine Verminderung der Symptomatik stehen, sondern vor allen Dingen auch eine Steigerung der körperlichen Aktivität. Hierzu braucht es allerdings ein umfangreiches Setting, um nachhaltig Einfluss auf Verhaltensstrukturen von Patienten nehmen zu können.

Viele Aspekte in diesen Fällen sind noch nicht erforscht. So muss geklärt werden, welcher Zusammenhang zwischen der Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der körperlichen Aktivität steht. Welches sind die Variablen, die eine gute körperliche Aktivität markieren?

Selbstmanagement-Strategien müssen erarbeitet werden, um das Optimum an körperlicher Aktivität zu mobilisieren und diese möglichst lang zu erhalten. Hierbei gilt es auch, Interaktionen mit pharmakologischen Substanzen und nicht-pharmakologischen Interventionen in diesem Kontext zu verifizieren.

Welche Instrumente gewährleisten ein adäquates Monitoring? Hierbei gilt es auch, MID's (Minimal Important difference) zu definieren. Interessant ist dabei auch der Aspekt, inwiefern eine Steigerung der körperlichen Aktivität bei erkrankten COPD-Patienten auch zu vermehrter Gesundheit inkl. einer starken Verminderung der Mortalität führt.

Hilf Sport den Patienten?

Seitens der Fachgesellschaften ist gefordert, die körperliche Aktivität in die pneumologische Rehabilitation zu integrieren und diese regelmäßig auch als Outcome-Parameter zu benennen. Klar definierte Ziele sind für den Patienten vorzugeben und sollten möglichst erreicht werden. Insbesondere nach Exazerbation ist die schnellstmögliche Steigerung der körperlichen Aktivität mit konkreten Zielen und sinnvollen Erhaltungsprogrammen anzustreben.

Körperliche Aktivität könnte hierbei auch als Marker für eine Verschlechterung des Patientenzustandes genutzt werden. Auch hierbei gilt, es Normwerte zu definieren, um pathologische Entwicklungen erkennen zu können.

Im Feld der körperlichen Aktivitäten von COPD-Patienten sind noch zahlreiche Ziele zu erarbeiten und ein großer Bedarf an wissenschaftlicher Tätigkeit erforderlich.

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