Studiendaten

Was bringt Beatmungstherapie plus Sauerstoff bei COPD?

Studienergebnisse einer britischen Studie zur häuslichen, nicht-invasiven Beatmungstherapie bei schwerer COPD unterstreichen eindrucksvoll die Wirkung einer nicht-medikamentösen Therapie.

Veröffentlicht:
Studiendaten liefern Belege, dass die nicht-invasive häusliche Beatmung bei Patienten mit schwerer COPD eine wirkungsvolle Therapieoption ist.

Studiendaten liefern Belege, dass die nicht-invasive häusliche Beatmung bei Patienten mit schwerer COPD eine wirkungsvolle Therapieoption ist.

© creative soul / Fotolia

BONN. Ist die nicht-invasive, häusliche Beatmung womöglich bislang als Therapieoption von Lungenfachärzten und Patienten unterschätzt worden? Die Deutsche Atemwegsliga macht in einer Pressemitteilung in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Studie aufmerksam. In der kontrolliert-randomisierten Studie "HOT-HMV" haben britische Forscher 116 hyperkapnische COPD Patienten nach einer lebensbedrohlichen Exazerbation in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe wurde mit Langzeit-Sauerstofftherapie (Home Oxygen Therapy "HOT") behandelt, die andere erhielt ebenfalls Sauerstoff, aber zusätzlich eine häusliche, nicht-invasive Beatmungstherapie (Home Mechanical Ventilation "HMV"), wie die Atemwegsliga berichtet. Die Studie wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift JAMA (Journal of American Medical Association) veröffentlicht (doi:10.1001/jama.2017.4451).

Es zeigte sich, dass bei den Patienten mit zusätzlicher Beatmungstherapie die Zeit bis zum nächsten Krankenhausaufenthalt oder Tod um 50 % verlängert werden konnte, berichtet die Atemwegsliga. Das Risiko im Folgejahr stationär behandelt zu werden oder zu sterben, sei um 17 % gesenkt und die Rate an gefährlichen Exazerbation um 35 % gesenkt worden.

"Die Ergebnisse der britischen Studie belegen eindrucksvoll, dass eine nächtliche ‚Maskenbeatmung‘ eine wichtige Therapieoption bei hyperkapnischen COPD Patienten ist", kommentiert Prof. Carl-Peter Criée, Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga, die Studiendaten. Verantwortlich dafür seien zwei Effekte: Durch die Beatmungstherapie werde das CO2 ausgewaschen und die Atemmuskulatur des Patienten könne sich während der Beatmungstherapie, die in der Regel nur nachts während der Schlafphase angewendet wird, erholen.

Prof. Wolfram Windisch, Kliniken der Stadt Köln, federführender Autor der Leitlinie zur außerklinischen Beatmung ergänzt in der Pressemitteilung der Atemwegsliga: "Wir konnten diese Wirkung der Beatmungstherapie bei hyperkapnischen Patienten bereits in einer Deutsch-Österreichischen Studie 2014 nachweisen. Diese Studie hat stabile COPD-Patienten untersucht. Die Kollegen aus Großbritannien haben nun gezeigt, dass die Beatmungstherapie zu Hause auch COPD-Patienten hilft, die gerade eine Exazerbation überstanden haben."

Die Studienergebnisse werden nach Angaben von auch in die gerade kurz vor Veröffentlichung stehenden Deutschen Leitlinien zur COPD bzw. zur nicht-invasiven und invasiven Beatmung einfließen, so Windisch Atemwegsliga. Denn vielen Patenten, aber auch vielen niedergelassenen Ärzten, sei die Wirkung der häuslichen nächtlichen Beatmung noch nicht klar. Es werde daher eine wichtige Aufgabe in den nächsten Jahren sein, Versorgungskonzepte zu entwickeln, die die ambulante und stationäre Betreuung der Beatmungspatienten in Deutschland sicherstellten. (run)

Häufige Missverständnisse zur außerklinischen Heimbeatmung

1. Sind Sauerstofftherapie und Beatmungstherapie dasselbe?

Nein, bei der Sauerstofftherapie (richtiger die Langzeit-Sauerstofftherapie) wird über eine Nasenkanüle hochprozentiger Sauerstoff der Atmung zugefügt.

Bei der nicht-invasive Beatmung hingegen wird normale Umgebungsluft über eine Maske in die Atemwege "gepumpt", durch einen Wechsel der Druckniveaus wird die Einatmung (hoher Druck) bzw. Ausatmung (geringer Druck) durch ein Gerät unterstützt. Die nicht-invasive Beatmung kann auch mit Sauerstoffgabe kombiniert werden.

2. Welcher Patient mag den ganzen Tag mit einer Beatmungsmaske herumlaufen?

Die NIV wird in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle nachts während des Schlafs angewendet. Durch die Beatmung kann sich der COPD-Patient besser erholen und eine zu hohe CO2-Konzentration im Blut wird vermieden.

3. Ist die Beatmung eine Maßnahme für eine kurzzeitige, präfinale Lebensverlängerung?

Die Beatmungstherapie erhält die Mobilität der Patienten und steigert die Lebenserwartung. Zudem ermöglicht die Beatmung vielen Patienten mit schwerer COPD Lebensjahre mit gesteigerter Lebensqualität. Im engeren Sinne handelt es sich also nicht um eine "palliativmedizinische Maßnahme".

4. Oft wird auch von Heimbeatmung gesprochen. Heißt das, dass die Beatmung in einem (Pflege-)Heim erfolgt?

Die Begriffe "Heimbeatmung" und "häusliche" oder "außerklinische Beatmung" werden synonym verwendet. Die Begriffe unterstreichen, dass der Patient nicht in einer Klinik die Therapie anwendet, sondern in den allermeisten Fällen zu Hause.

(nach Angaben der Atemwegsliga)

Mehr zum Thema

Chronische Lungenerkrankungen

Mit KI gegen die COPD

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen