Welt-Asthma-Tag

Wann wird Wheezing bei Kindern zu Asthma?

Pfeifende Atemgeräusche (Wheezing) im Vorschulalter können in Asthma übergehen. Um Risikokinder erkennen und früh behandeln zu können, raten Pädiater zum regelmäßigen Check – getreu dem Motto des Welt-AsthmaTages 2019: „Stop for Asthma!“

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Kind mit Inhalator: Dieser lindert die Asthma-Symptome.

Kind mit Inhalator: Dieser lindert die Asthma-Symptome.

© Nicole Effinger / Fotolia

Während die Asthmaprävalenz weltweit steigt, stagniert sie bei Kindern und Jugendlichen in den Industrieländern. Nach aktuellen Zahlen des Lungeninformationsdienstes des Helmholtz Zentrums München ist die Häufigkeit in Deutschland mit 4,9 Prozent im Jahr 2009 und 5,1 Prozent in 2016 nahezu konstant geblieben.

Allerdings manifestiert sich die Krankheit bei etwa drei Viertel der Patienten noch vor dem fünften Lebensjahr. Dabei können in den ersten Lebensjahren pfeifende Atemgeräusche oder obstruktive Bronchitiden im Vordergrund stehen.

Je nach Risikofaktoren und Wheeze-Phänotyp können Kinder mit rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden ein Asthma bronchiale entwickeln. Besonders hoch ist die Gefahr hierfür, wenn mindestens ein Elternteil ebenfalls an Asthma oder einer Allergie leidet oder bei den Kindern eine atopische Dermatitis oder frühe Sensibilisierung auf ein Allergen besteht, erklären Professor Bianca Schaub und Dr. Christina Hartmann vom Dr. von Haunerschen Kinderspital München (Pädiatrie 2018; 30(6): 38–42).

Ein besonders hohes Risiko für ein späteres Asthma haben Kinder der Wheeze-Phänotypen „early-onset persistent wheeze“ (Symptome halten nach dem sechsten Lebensjahr an) oder „late-onset wheeze“ (Symptome beginnen erst nach dem dritten Lebensjahr).

Andererseits kann das Giemen nach den ersten Lebensjahren auch wieder vollständig verschwinden, wie dies häufig bei den Phänotypen „episodic viral wheeze“ (Intervalle nach respiratorischen Infekten) oder „early-onset transient wheeze“ (Beginn unter drei Jahren und Remission bis zum sechsten Lebensjahr) der Fall ist.

Altersgerechte Diagnostik

Da die Übergänge von obstruktiver Bronchitis zu Asthma fließend sind, ist die Diagnose nicht immer einfach zu stellen, zumal die Messung der Lungenfunktion im Vorschulalter oft nicht gelingt. So führen bei den jüngsten Patienten vor allem Anamnese und körperliche Untersuchung zur Diagnose.

Auskultatorisch sollte kontrolliert werden, ob die Obstruktion nach der Inhalation von Salbutamol reversibel ist, raten die Münchner Pädiaterinnen Professor Bianca Schaub und Dr. Christina Hartmann vom Dr. von Haunerschen Kinderspital München.

Außerdem gelte es, Differenzialdiagnosen abzuklären: zystische Fibrose, Alpha-1-Antitrypsinmangel, Immundefekte, atypische Pneumonien, Fremdkörperaspiration, gastroösophagealer Reflux, Herzerkrankungen, Fehlbildungen und eine primär ziliäre Dyskinesie.

Ansonsten stützt sich die Asthmadiagnose auf den Nachweis der Reversibilität der obstruktiven Ventilationsstörung nach Inhalation von Beta-2-Sympathomimetika in der Lungenfunktionsuntersuchung, erinnern Schaub und Hartmann. Im Rahmen der Erstdiagnose wird zudem zwischen allergischem und nicht allergischem Asthma unterschieden.

Eine bronchiale Hyperreagibilität kann durch einen Provokationstest, beispielsweise eine standardisierte Laufbelastung oder inhalative Provokation, etwa durch Kaltluft, überprüft werden. Ansonsten ist bei nicht reversibler Atemwegsobstruktion weitere Abklärung erforderlich, so die Kinderärztinnen.

Versorgungsstufe 6 neu hinzugekommen

Als wichtigste Therapieziele gelten eine gute Symptomkontrolle, die Verringerung von Schweregrad und Häufigkeit der Asthmasymptome sowie Exazerbationen und die langfristige Verhinderung chronischer Lungenschäden. Basismaßnahmen für eine frühe Normalisierung der Lungenfunktion sind die Vermeidung von Triggern sowie die altersgemäße Schulung der Patienten und ihrer Eltern.

Die Pharmakotherapie des Asthmas orientiert sich nach wie vor an einem Stufenschema. Dabei soll die Therapie in Abhängigkeit vom Grad der Asthmakontrolle erfolgen, die als „gut“, „teilweise“ oder „unkontrolliert“ bewertet wird. Als Bedarfstherapie für Kinder und Jugendliche werden in jeder Therapiestufe kurzwirkende Beta-2-Sympathomimetika (SABA) empfohlen.

In begründeten Fällen kann zusätzlich oder alternativ das Anticholinergikum Ipratropiumbromid eingesetzt werden. Die Langzeittherapie beginnt bei bislang unbehandelten Patienten mit teilweise kontrolliertem Asthma in der Regel auf Stufe 2, mit unkontrolliertem Asthma auf Stufe 3.

In Therapiestufe 2 werden niedrig dosierte inhalative Kortikosteroide (ICS) bevorzugt. Als Alternative nennt die „NVL Asthma“ Leukotrienrezeptorantagonisten (LTRA) wie Montelukast. In Stufe 3 sind ICS in mittlerer Dosierung vorgesehen, die in Stufe 4 mit weiteren Wirkstoffen kombiniert werden. Hinzu kommen langwirkende Beta-2-Sympathomimetika (LABA) und/oder LTRA.

Bei unzureichender Kontrolle sieht die Leitlinie neuerdings ab Stufe 4 zusätzlich zu mitteldosierten ICS + LABA + LTRA auch den Einsatz langwirkender Anticholinergika (LAMA) wie Tiotropium vor. Ab dieser Behandlungsstufe wird außerdem zur Überweisung an einen pädiatrischen Pneumologen geraten. Bevor die Therapieeskalation zur Stufe 5 erfolgt, soll der NVL zufolge eine erweiterte Diagnostik in einem kinderpneumologischen Zentrum erfolgen.

Triggerfaktoren abklären

Dabei müssen auch die Therapieadhärenz sowie andere Triggerfaktoren abgeklärt werden. Außerdem soll ab diesem Schweregrad die Indikation zu einer stationären Rehabilitation geprüft werden. Medikamentös werden auf Stufe 5 hochdosierte ICS mit LABA und/oder LTRA kombiniert.

Alternativ ist eine Behandlung mit hochdosiertem ICS + LABA + LAMA oder diese Kombination + LTRA möglich. Im vergangenen Jahr ist für Kinder und Jugendliche die Versorgungsstufe 6 neu hinzugekommen (NVL Asthma). Vor dem Übergang in diese Stufe sollen im kinderpneumologischen Zentrum mit der Möglichkeit zu invasiver Diagnostik weitere Differenzialdiagnosen und Komorbiditäten abgeklärt werden.

Die Indikationsstellung und Initiierung der Behandlung mit monoklonalen Antikörpern soll durch einen in der Versorgung mit schwerem Asthma erfahrenen pädiatrischen Pneumologen erfolgen.

Zu einem Therapieversuch mit dem IgE-Antikörper Omalizumab raten die NVL-Experten, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: schweres, IgE-vermitteltes allergisches Asthma + positiver Hauttest oder In-vitro-Reaktivität gegen ein ganzjährig auftretendes Aeroallergen + IgE-Serumkonzentration unter Berücksichtigung des Körpergewichts im therapierbaren Bereich + erfolgte Eliminierung vermeidbarer Allergenexpositionen.

Seit 2018 kommt für Kinder mit schwerem refraktärem eosinophilem Asthma ab sechs Jahren eine Therapie mit dem IL-5-Antikörper Mepolizumab infrage. Die zusätzliche oder alternative Therapie mit systemischen Kortikoiden in der Versorgungsstufe 6 wird bei Kindern wegen der Gefahr schwerer Nebenwirkungen bis auf begründete Ausnahmen nicht empfohlen.

Für die akute symptomatische Behandlung der Bronchokonstriktion wird zu SABA und in der Dauertherapie eines „multiple-trigger wheeze“ zu ICS geraten. Ein „viral episodic wheeze“ sollte, wenn überhaupt nötig, mit einem LTRA behandelt werden. Seit 2014 wird bei schweren Symptomen, die an den meisten Tagen einer Woche auftreten, ein zusätzlicher Therapieversuch mit ICS empfohlen.

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