Forscher orten bei Mukoviszidose die Keime

WÜRZBURG (mf). Deutlich vorangekommen sind Forscher, die bei Zystischer Fibrose (CF) die Vorgänge, die die Entwicklung der Lungenerkrankung vorantreiben, analysieren. Die Erkenntnisse bestätigen vor allem die Bedeutung der Mukolyse.

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Bei Gesunden wird der von den Bronchial-Drüsen gebildete Mukus, der sich auf den Flimmerhärchen befindet, bekanntlich durch eine gleichförmige Bewegung der Zilien, gleich einer Rolltreppe, hinausbefördert und dann in der Regel verschluckt.

Bei CF-Patienten ist dieser Reinigungsmechanismus jedoch gestört: Aufgrund des Gendefektes sind die Epithelzellen des Flimmerepithels der Patienten nicht ausreichend in der Lage, Chlorid-Ionen zu sezernieren, zudem kommt es zu einer gesteigerten Natrium- und Wasser-Absorption: Der Schleim dickt ein, die Zilien können den Transport nicht mehr bewerkstelligen. Schließlich kann sich eine mukopurulente Masse bilden - die Lunge ist in ihrer Funktion stark eingeschränkt.

Wesentlich für die Lungenzerstörung ist dabei eine Infektion mit einem Problemkeim, meist Pseudomonas aeruginosa. Dabei seien die meisten Forscher davon ausgegangen, daß die Keime durch die Mukusschicht und die Zilien bis zum darunterliegenden Epithel vordringen und es zerstören, berichtete Dr. Dieter Worlitzsch von der Uni Tübingen auf der 6. Deutschen Mukoviszidose-Tagung in Würzburg.

Worlitzsch und seine Mitarbeiter eines internationalen Forscherteams haben diese These überprüft. Sie wählten jedoch nicht, wie andere Arbeitsgruppen zuvor, für ihre Forschungsarbeiten Tier- und Zellkulturen, sondern menschliches Lungengewebe, das im Unterschied zu den anderen Materialien auch Mukuszellen enthält.

Der Aufwand hat sich gelohnt: In den elektronenmikroskopischen Aufnahmen fanden sich die meisten Bakterien nicht - wie bisher postuliert - auf dem Epithel, sondern relativ weit weg vom Epithel in den Mukus-Plaques. Dies ist eine für künftige Therapien wichtige Erkenntnis, "denn nur, wenn man weiß, wo die Bakterien sind, kann man sie bekämpfen", sagte Worlitzsch.

Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeiten, für die das Forscher-Team im vergangenen Jahr mit dem Adolf-Windorfer-Preis ausgezeichnet worden ist, bestand in der Erforschung des Sauerstoffverbrauchs der Epithelzellen. Dabei, so Worlitzsch, habe sich bei Messungen mit einer Sauerstoffsonde ergeben, daß die Zellen von CF-Patienten dreimal soviel Sauerstoff verbrauchen wie die Zellen von gesunden Personen. Durch diesen vermehrten Sauerstoffverbrauch des Atemwegsepithels kommt es auch zu einer Verringerung der Sauerstoffkonzentration im Mukus.

Die Folge: Die Bakterien bilden "wie verrückt Alginat", so der Forscher, einen Zucker, der von Pseudomonas vor allem unter anaeroben Verhältnissen gebildet wird. Die Bakterien rotten sich zunehmend zusammen, große Makrokolonien entstehen - Aggregate, die von der menschlichen Abwehr schwer oder gar nicht mehr zu beseitigen sind (J Clin Invest 109, 2002, 317).

Was für therapeutische Konsequenzen haben diese Erkenntnisse? Zunächst wird dadurch die Bedeutung einer kontinuierlichen Mukolyse zum Abtransport von Bakterien bestätigt. Zudem lassen die Erkenntnisse vermuten, daß es für die antimikrobielle Therapie wichtig ist, Mittel einzusetzen, die im anaeroben Bereich wirksam sind.

Und was Neuerungen in der Therapie angeht, so setzt Worlitzsch langfristig auf die Entwicklung von Wirkstoffen gegen spezifische Genprodukte von Pseudomonas. Schließlich sei dessen Erbgut mit seinen 5570 Genen bereits komplett entschlüsselt. Für die nähere Zukunft ginge es allerdings erst einmal darum, die Wirkung von bekannten Antibiotika durch neue Kombinationen zu optimieren.

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