Lungen-Diagnostik mit Mikrofonen

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Über kleine Mikrofone am Rücken lassen sich Atembewegungen auf dem Monitor verfolgen.

Über kleine Mikrofone am Rücken lassen sich Atembewegungen auf dem Monitor verfolgen.

© Foto: Deep Breeze Medical Diagnostics LTD

FRANKFURT AM MAIN (eb). Viele Patienten, die ihre Lunge röntgen lassen sollen, fragen besorgt, ob die Strahlenbelastung denn wirklich sein muss. Eine mögliche Alternative zur Röntgenuntersuchung ist die neue Technik des Vibration Response Imaging (VRI). Diese Technik wird derzeit auch von Kollegen der Abteilung Pneumologie/Allergologie der Universitätsklinik in Frankfurt am Main erprobt.

Die VRI-Technik setzt die während der Atmung im Bronchialsystem der Lunge entstehenden Schwingungen in bewegte Bilder um. Da pathologische Prozesse in der Lunge zu mangelnder oder verzögerter Belüftung betroffener Lungenareale führen, lassen sich mit der neuen Methode Rückschlüsse etwa auf Pneumonien, verschluckte Gegenstände oder Tumoren ziehen, berichten Dr. Torsten Born und Professor Thomas Otto Friedrich Wagner in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Forschung Frankfurt".

Dynamische Analyse der Daten möglich

Hier ist eine gesunde Lunge in Inspiration zu sehen: Alle Lungenlappen sind mit Luft gefüllt.

Hier ist eine gesunde Lunge in Inspiration zu sehen: Alle Lungenlappen sind mit Luft gefüllt.

© Foto: Deep Breeze Medical Diagnostics LTD

Mit dem vom Unternehmen Deep Breeze Medical Diagnostics LTD entwickelten Verfahren können nicht nur verschiedene Stadien einer Erkrankung dokumentiert werden, sondern es ist auch eine dynamische Analyse der Daten möglich, so dass man der Lunge und den Bronchien beim Atmen zuschauen kann. Dazu werden hochempfindliche piezoelektrische Sensoren - ähnlich EKG-Elektroden - in parallelen Reihen am Rücken über beiden Lungenflügeln angebracht. Durch die Atmung und den Fluss der Luft durch die Lungen entstehen Vibrationen. Die Signale werden an einen Prozessor weitergeleitet, der die gewünschten Signale verstärkt, das Rauschen herausfiltert und die analogen Daten in digitale Daten umwandelt. Vom Prozessor gelangen die Daten dann auf einen PC, der daraus ein bewegtes Graustufenbild erstellt. Je dunkler das Lungengewebe dargestellt wird, desto besser ist meist die Belüftung.

Verfahren erlaubt Diagnostik am Krankenbett

Interessant sei die neue Technik etwa für Kollegen auf intensivmedizinischen Stationen, denn sie ermögliche eine Diagnostik am Krankenbett, so die Frankfurter Kollegen. Die Patienten müssen nicht mehr zur Diagnostik von der Intensivstation zur Röntgenabteilung gebracht werden - eine Prozedur, bei der sich der Zustand maschinell beatmeter Patienten oft verschlechtert. Mit der neuen Technik kann auch die Steuerung und Kontrolle maschinell beatmeter Patienten optimiert werden. Ähnliche Vorteile bietet die Methode bei schwer kranken und bettlägerigen Patienten, bei denen Lungenfunktionsprüfungen oder Röntgenaufnahmen nicht machbar sind.

Im ambulanten Bereich ist die VRI-Technik vor allem in der Pädiatrie eine einfache und effektive Technik. Erkrankungen wie Pneumonien sind schnell erkennbar. Auch bei der Aspiration von Fremdkörpern kann mit VRI schnell die Diagnose gestellt werden. Eine eindeutige Diagnose brachte bisher häufig nur eine Lungenspiegelung in Vollnarkose.

Wagner hat das Verfahren, das auf die Idee eines israelischen Kinderarztes zurück geht, beim Europäischen Pneumologen-Kongress vor drei Jahren kennengelernt, wie die Uniklinik in Frankfurt am Main mitteilt. Er setzte sich dafür ein, die Methode an deutschen Kliniken zu erproben, die jeweils auf einen anderen Aspekt der Lungenheilkunde spezialisiert sind. Während sich die Klinik in Frankfurt am Main auf die Lungenfunktionsdiagnostik bei Patienten mit Lungenkrebs konzentriert, wird das Verfahren an der MHH bei Patienten nach Lungentransplantation erprobt, in Fürth bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung und in der Thoraxklinik Heidelberg bei Patienten mit endoskopisch eingelegten Stents. Weitere Kooperationen existieren mit einer Klinik in den USA und auch in Frankreich und Japan.

Weitere Informationen zur neuen VRI-Technik gibt es im Internet unter: www.deepbreeze.com

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