Lungentransplantation

Auch Spenderlungen von Ertrunkenen kommen in Frage

Ersticken und Ertrinken müssen nicht immer zwingende Gründe darstellen, eine Lunge für eine Transplantation von vornherein auszuschließen. Das zeigt eine US-Studie.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Bei der Auswahl der Spenderlungen von Ertrinkungs- und Erstickungsopfern ist zu beachten, ob das Lungenparenchym geschädigt ist.

Bei der Auswahl der Spenderlungen von Ertrinkungs- und Erstickungsopfern ist zu beachten, ob das Lungenparenchym geschädigt ist.

© Springer Verlag

COLUMBUS. Bei Lungentransplantationen haben Ersticken oder Ertrinken einer retrospektiven Analyse zufolge weder Einfluss auf das Langzeitüberleben des Empfängers, noch auf die Gefahr einer Abstoßung im ersten Jahr.

Wer auf eine Organspende angewiesen ist, wartet oft lange, bis ein passender Donor gefunden wird. Für viele Patienten ist es dann bereits zu spät. Deshalb lässt man nichts unversucht, den Kreis geeigneter Spender so groß wie möglich zu halten.

Bryan Whitson von der Ohio State University untersuchte mit US-amerikanischen Kollegen, ob Lungen von Menschen, die durch Ersticken oder Ertrinken verstorben sind, den Pool der Spenderorgane möglicherweise erweitern könnten.

Hierzu werteten sie Daten des "United Network for Organ Sharing (UNOS) / Organ Procurement and Transplantation Network (OPTN) Standard Transplant Analysis and Research (STAR)"-Registers der Jahre 1987 bis 2010 aus und verglichen anschließend die Todesursachen der Lungenspender und das Überleben der Patienten, denen die Organe eingesetzt worden waren (Annual Thoracic Surgery 2014; online am 15. August).

Meist Hirnblutung oder Schlaganfall

Von den 18.250 registrierten Lungentransplantationen stammten 309 von einem Spender mit Erstickungs- oder Ertrinkungstod. Ihr Durchschnittsalter lag bei 25,7 Jahren.

Die meisten der Organspender waren an einer Hirnblutung oder einem Schlaganfall verstorben, ihr Durchschnittsalter lag bei 31,8 Jahren.

37 Prozent der durchschnittlich 51-jährigen Empfänger benötigten die Spenderlunge wegen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD.)

Empfänger von Lungen, deren Opfer erstickt oder ertrunken waren, überlebten ähnlich lange wie Patienten mit Spenderlungen von Menschen mit anderen Todesursachen. Im Gegenteil, erstere zeigten sogar eine niedrigere lungenspezifische Motalitätsrate (5,8 Prozent versus 9,5 Prozent).

Die multivariate Risikoanalyse machte lediglich den negativen Einfluss einiger anderer Faktoren auf das Überleben deutlich, etwa wenn der Spender Raucher oder älter als 55 Jahre war.

Bei der Auswahl der Spenderlungen von Ertrinkungs- und Erstickungsopfern gilt es dennoch, einige Zusatzfaktoren zu beachten, wie zum Beispiel unbekannte Risiken für primäre Funktionsstörungen des Transplantats, mikrobiologische Probleme oder Schädigungen des Lungenparenchyms.

Aspiriert der Ertrinkende beispielsweise Wasser und kommt dessen Lunge mit Meerwasser in Kontakt, kann es zur Kontamination mit Mikroorganismen und infolgedessen zu einer Schädigung des Organs kommen.

Allerdings kommen 10 bis 15 Prozent der Ertrunkenen durch "trockenes Ertrinken" zu Tode, sie aspirieren kein Wasser, sondern erleiden Laryngospasmen und ersticken.

Surfactans verbessern Qualität

Allein in den USA, so lautet die Rechnung von Whitson und seinen Kollegen, könnten Menschen, die auf diese Art und Weise ums Leben gekommen sind, die Zahl von potenziellen Spenderlungen um jährlich 600 bis 1200 Organe erweitern.

Auch spezielle Perfusionsmaßnahmen oder die Applikation von exogenen Surfactants nach einem Erstickungstod können die Qualität des Spenderorgans verbessern.

Die Ergebnisse der Studie, schreiben die Studienautoren, sollten die Ärzte jedenfalls dazu ermutigen, den Einsatz von Spenderlungen von Menschen, die durch Ersticken oder Ertrinken zu Tode gekommen sind, künftig nicht mehr automatisch auszuschließen.

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