Stargardt-Erkrankung

Ansatz bei Degeneration der Makula

Modifiziertes Vitamin A hat sich im Tierversuch bei Stargardt-Erkrankung als erfolgreich erwiesen.

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BONN. Bei der Stargardt-Erkrankung, der häufigsten Form der erblichen Makuladegeneration, gehen die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut im Innern des Auges zu Grunde, erinnert die Universität Bonn.

Die Sehzellen im Auge enthalten das lichtempfindliche Pigment Rhodopsin, das bei Lichteinfall in das Auge zerfällt. Dabei können Abfallprodukte entstehen, die im Wesentlichen aus Vitamin-A-Verbindungen bestehen.

Normalerweise werden diese Vitamin-A-Verbindungen durch ein Transport-Molekül aus den Sehzellen entfernt und wiederverwendet. Dabei ist Eile geboten: Die Verbindungen haben die Tendenz, sich zu Zweiergruppen (bis-Retinoiden) zusammenzuschließen.

In dieser Form werden sie vom Körper nicht mehr normal abgebaut, sondern bilden das toxische Abfallprodukt Lipofuszin - ein Stoff, der auch beim normalen Altern zunehmend anfällt. Wenn sich Lipofuszin verfrüht und in hohen Mengen in der Netzhaut ansammelt, werden die Lichtsinneszellen geschädigt und sterben schließlich ab.

Transporter-Molekül defekt

Bei der Stargardt-Erkrankung ist das Transporter-Molekül aufgrund einer genetischen Veränderung defekt, heißt es in der Mitteilung. Es sammeln sich mehr bis-Retinoide an.

Dadurch lagert sich permanent Lipofuszin in der Netzhaut ab - ein Prozess, der oft schon in jungen Jahren zu schweren Augenschäden führt. Nach Schätzungen ist rund eine von 10.000 Personen betroffen. Eine Therapie gegen die Erbkrankheit gibt es bislang nicht.

Augenärzte der Universität Bonn haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universitäten Oxford und Columbia/New York Mäuse mit einer Mutation in demselben Gen untersucht, das auch bei Patienten mit der Stargardt-Erkrankung verändert ist (PNAS 2015; online 29. Mai).

Sie verabreichten einigen Tieren modifiziertes Vitamin A. Darin wurden bestimmte Wasserstoff-Atome durch Deuterium ersetzt. Deuterium ist ein Wasserstoff-Isotop: Es hat dieselben chemischen Eigenschaften wie normaler Wasserstoff, ist aber etwas schwerer.

Dieser Unterschied hat einen positiven Nebeneffekt: Das modifizierte Vitamin A und seine Verbindungen sind längst nicht so kontaktfreudig wie normalerweise und bilden kaum bis-Retinoide. "Wir konnten zeigen, dass sich bei der behandelten Mäusegruppe weniger Lipofuszin anhäufte", wird Professor Peter Charbel Issa in der Mitteilung der Universität Bonn zitiert.

"Die Netzhautveränderungen der Mäuse, die sehr denen bei menschlichen Stargardt-Patienten ähneln, konnten so stark vermindert werden." Der Augenarzt und Stargardt-Experte ist inzwischen von der Universität Oxford an die Universitäts-Augenklinik in Bonn gewechselt; er hat hier eine Stiftungsprofessur der Patienten-Selbsthilfegruppe Pro Retina inne.

Negative Effekte des schweren Vitamins konnten die Forscher in den behandelten Tieren nicht beobachten. Das an der Columbia Universität in New York von Professor Ilyas Washington entwickelte deuterierte Vitamin A wird der Mitteilung zufolge bereits klinisch bei Patienten mit Stargardt-Erkrankung getestet.

Die Ergebnisse könnten auch für eine andere Patientengruppe relevant werden: Auch bei altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) - der häufigsten Erblindungsursache in Deutschland und anderen westlichen Ländern - sammelt sich Lipofuszin in der Netzhaut an. (eb)

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