Retinitis pigmentosa

Computer-Training bessert das Orientierungsvermögen

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MÜNCHEN. Zwischen 30.000 und 40.000 Menschen in Deutschland leiden an der unheilbaren Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa, die ja durch einen zunehmendem "Tunnelblick" gekennzeichnet ist.

Tübinger Augenärzte haben nun ein computerbasiertes Training entwickelt, das die Wahrnehmung und das Orientierungsvermögen der Betroffenen innerhalb von sechs Wochen deutlich bessert, meldet die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG).

Bei der angeborenen Erkrankung gehen die Lichtsinneszellen der Netzhaut des Auges nach und nach unter, erinnert die DOG. Dieser Vorgang beginnt meist schon im Jugendalter an den äußeren Rändern des Gesichtsfelds und dringt im Laufe der Zeit weiter nach innen vor

Typischer Tunnelblick

 Dadurch entsteht bei den Betroffenen ein "Tunnelblick", der das Orientierungsvermögen einschränkt. "Die Patienten erkennen Hindernisse zu spät, sie stürzen häufiger, und das Risiko, als Fußgänger im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen, ist erhöht", wird Professor Susanne Trauzettel-Klosinski von der Universität Tübingen zitiert.

Darunter leidet die Lebensqualität: "Viele Menschen mit Tunnelblick trauen sich kaum mehr ihre Wohnung zu verlassen und am öffentlichen Leben teilzunehmen", berichtet die Expertin. Bei dem neuen computerbasiertem Trainingsprogramm sitzt der Patient vor einem Computer, auf dessen Bildschirm zufällige Zahlen erscheinen.

Der Patient soll diese mit der Computermaus wegklicken. Einige Zahlen erscheinen auch außerhalb des Gesichtsfelds – durch gezielte Bewegungen der Augäpfel lernt der Betroffene auch diese zu erfassen. Ein ähnliches Training nutzen bereits Schlaganfallpatienten, bei denen der Hirnschaden zu einem Gesichtsfeldausfall geführt hat.

PC-Programm kann Patienten trainieren

In einer ersten klinischen Studie testeten 25 Patienten mit Retinitis pigmentosa das PC-Programm zu Hause am Laptop. Sie trainierten an fünf Tagen pro Woche für jeweils 30 Minuten. Nach sechs Wochen Training hatten die Patienten ihre Reaktionszeiten im PC-Training um 37 Prozent gesenkt (PLOS One 2016, online 28. Juni).

Sie konnten danach einen Gehtest mit Hindernissen schneller und mit weniger Fehlern absolvieren als eine Vergleichsgruppe, die nur an einem Lesetraining teilgenommen hatte. Während des Gehtests trugen alle Teilnehmer ein Gerät, das die Augenbewegungen registrierte.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Probanden vermehrt die Umgebung ihres eingeschränkten Gesichtsfeldes erkunden, erklärt Trauzettel-Klosinski: "Durch das Training haben sie gelernt, die Bewegung ihrer Augäpfel bewusst zu steuern - so nehmen sie Hindernisse besser wahr als untrainierte Patienten."

Ein solches Training kann die Mobilität auch nach einem bereits erfolgten Orientierungs- und Mobilitätstraining mit dem Langstock verbessern. Die Tübinger Ophthalmologen arbeiten die Trainingssoftware nun zu einem benutzerfreundlichen Programm aus. Die Kosten dafür schätzt Trauzettel-Klosinski auf etwa 300 Euro und hofft, dass die Krankenkassen sich daran beteiligen. (eb)

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