Alzheimer-Forschung in USA: große Pläne, wenig Geld

Bis 2025 soll Alzheimerdemenz heilbar sein, nimmt sich die US-Regierung vor. Woher das Geld kommt, ist unklar.

Von Claudia Pieper Veröffentlicht:
Illustration von Neuronen im Gehirn: Sehr ehrgeizig ist die US-Regierung bei der Erforschung von Alzheimer.

Illustration von Neuronen im Gehirn: Sehr ehrgeizig ist die US-Regierung bei der Erforschung von Alzheimer.

© juggle33 / fotolia.com

WASHINGTON. Die US-Regierung will sich das Ziel setzen, bis 2025 Wege zu finden, einer Alzheimerdemenz nicht nur vorzubeugen, sondern Patienten nach deren Ausbruch auch erfolgreich zu behandeln.

Das ist das Oberziel eines Entwurfs, an dem die Regierung derzeit mit Wissenschaftlern arbeitet. Grundlage dafür ist ein Gesetz, das der US-Kongress bereits Ende 2010 ohne Gegenstimmen verabschiedet hat: der National Alzheimer's Project Act (NAPA).

Das Gesetz übertrug der Regierung die Aufgabe, einen strategischen Plan für den Kampf gegen Alzheimer aufzustellen.

Die Aufgabe erweist sich als kontrovers. Alzheimerexperten sind sich zum Beispiel nicht einig über die Formulierung einer zeitlichen Vorgabe. Manche finden, dass 2025 nicht ehrgeizig genug ist. "Ich werde mich dringend dafür einsetzen, dass wir schneller Ergebnisse anstreben.

Das Jahr 2020 als zeitliches Ziel

Für mich ist 2020 das zeitliche Ziel", sagte George Vrandenburg, ein Mitglied des NAPA-Beratungsausschusses, der Tageszeitung "USA Today".

Andere halten dagegen, dass selbst das Jahr 2025 unrealistisch ist. Dr. Sam Gandy, Alzheimer-Forscher an der Mount Sinai School of Medicine, bezweifelte zum Beispiel, dass die Formulierung einer Zeitvorgabe Sinn macht: "Meines Erachtens provozieren wir damit die negative Wahrnehmung, dass wir gescheitert sind, wenn wir bis 2025 keine Heilung vorweisen können", warnte Gandy in der Zeitung "Chicago Tribune".

Alle sind sich jedoch einig, dass Alzheimer mit strategischen Mitteln begegnet werden muss. Die Zahlen sind besorgniserregend: Es wird geschätzt, dass in den Vereinigten Staaten derzeit über fünf Millionen Menschen an einer Demenz erkrankt sind.

Nach Kalkulationen von Experten kostete die Behandlung und Pflege dieser Patienten in den USA im vergangenen Jahr rund 183 Milliarden Dollar (etwa 128 Milliarden Euro). Bis 2050, so wird geschätzt, werden 16 Millionen US-Amerikaner erkrankt sein.

Wenn Alzheimer bis dahin weiterhin weder verhindert, verzögert, noch geheilt werden kann, wird die Krankheit die Gesellschaft im Jahr 2050 etwa 1,1 Billionen US-Dollar (770 Milliarden Euro) kosten.

17 Milliarden Pflegestunden, die nicht bezahlt werden

Alzheimer hat allerdings nicht nur finanzielle Folgen. Schon heute ist die Bürde der Krankheit für Familienmitglieder, die die Pflege übernehmen, groß: Fast 15 Millionen Menschen widmeten demenzkranken Familienmitgliedern oder Freunden im Jahr 2010 17 Milliarden Pflegestunden, für die sie nicht bezahlt wurden.

Mehr als 60 Prozent dieser Menschen bezeichneten den emotionalen Stress der Pflege als hoch oder sehr hoch. Ein Drittel der Pflegenden litt unter Anzeichen von Depression.

Ziel des Regierungsentwurfs ist es daher auch, Familienmitglieder von Alzheimerkranken zu schulen und physisch als auch psychisch zu unterstützen.

Eine solche Hilfe, so hat sich gezeigt, ist nicht nur für die Betroffenen positiv: Im Bundesstaat New York hat ein einschlägiges Programm dazu geführt, dass Demenzkranke länger zu Hause leben können, wenn ihre Angehörigen geschult und unterstützt wurden.

"Solche Programme sind unglaublich billig, wenn man bedenkt, wie viel Geld an Pflegeheimkosten gespart wird", sagte ein Vertreter der Gesundheitsverwaltung von New York der "Huffington Post".

Forschungsförderung für Alzheimer ist bisher gering

Die Vorteile der Programme mögen unbestritten sein. Doch ist die Finanzierung der Alzheimerforschung und weiterer Programme zur Unterstützung von Kranken und Angehörigen im derzeitigen politischen Klima in den USA mit einem großen Fragezeichen versehen.

Verglichen mit anderen Volkskrankheiten hat die Alzheimerforschung bisher relativ wenig staatliche Förderung erhalten: weniger als 500 Millionen Dollar im Jahr 2011 (rund 350 Millionen Euro). Zum Vergleich: Die Krebsforschung erhielt sechs Milliarden US-Dollar (rund 4,2 Milliarden Euro) plus zusätzliche Mittel für einzelne Krebsarten.

Von "USA Today" nach der finanziellen Ausstattung des Regierungsplans für Alzheimer befragt, antwortete der Vorsitzende des NAPA-Beratungsausschusses, Ron Petersen, diplomatisch: "Wir sind noch mitten im Prozess, Empfehlungen zu erstellen. Der Plan wird sich aber den finanziellen Realitäten anpassen müssen, denen wir uns alle derzeit zu stellen haben."

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