Doch kein Erfolg

Immuntherapie scheitert bei Alzheimer

Wieder ist ein neuer Ansatz gegen Alzheimer gescheitert: Mit intravenös infundierten Immunglobulinen ließ sich der Krankheitsverlauf in einer Phase-III-Studie nicht wesentlich bremsen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Im Kampf gegen Alzheimer sind Immunglobuline nicht die erhoffte Wunderwaffe.

Im Kampf gegen Alzheimer sind Immunglobuline nicht die erhoffte Wunderwaffe.

© damato / fotolia.com

DEERFIELD. Als die Daten einer kleinen Phase-II-Studie zu intravenösem Immunglobulin (IVIG) vor knapp einem Jahr auf einem Kongress in Toronto präsentiert wurden, war das schon fast eine Sensation: Bei vier von 24 Alzheimerpatienten konnte die Alzheimerprogression über drei Jahre hinweg gestoppt werden.

Nun zeigt eine Phase-III-Studie, dass von der Immuntherapie doch weit weniger Patienten profitieren als erhofft: In der Studie mit 390 Patienten ließ sich insgesamt kein Nutzen der Behandlung auf die Kognition und die Alltagsfunktion erkennen.

Darauf deutet eine erste Auswertung, die das Unternehmen Baxter jetzt bekannt gegeben hat.

An der Studie GAP (Gammaglobulin Alzheimer's Partnership) nahmen 234 Patienten mit leichter und 156 mit moderater Alzheimerdemenz teil. Die Studie wurde außer von Baxter auch vom National Institute on Aging und vom NIH in den USA unterstützt.

Die Patienten erhielten alle zwei Wochen Infusionen mit 200 oder 400 mg/kg des IVIG-Präparates oder eine Kochsalzlösung (Placebo). Die bisherige Therapie mit Antidementiva wurde fortgesetzt.

Alzheimer etwas gebremst

Nach 18 Monaten ergab weder der ADAS-cog-Wert noch der ADAS-ADL oder der modifizierte Mini-Mental-Status-Test (3MS) signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Bei Patienten mit moderater Erkrankung verschlechterte sich die Kognition beim ADAS-cog-Test mit 9,6 versus 12,9 Punkte unter Placebo zwar etwas weniger, verfehlte aber das Signifikanzniveau.

Auch der 3MS-Wert deutete auf einen etwas verzögerten Abbau (-14 versus -18,1 Punkte). Doch nur in der Subgruppe der Patienten mit Apo-E4-Allel waren die Unterschiede beim 3MS signifikant (- 10,6 versus -14,9 Punkte).

Jedoch sei die Zahl der Patienten in den Subgruppen zu gering, um statistisch belastbare Aussagen zu treffen, gibt das Unternehmen zu bedenken.

Phase-II-Daten nicht bestätigt

"Leider ließen sich die positiven Ergebnisse der Phase-II-Studie in GAP nicht wiederholen", kommentierte Studienleiter Dr. Norman Relkin vom Weill Cornell Medical College in New York City das Ergebnis. Vor weiteren Schritten will Baxter nun erst einmal die vollständige Auswertung der Studie abwarten.

Interesse habe man vor allem an einer genauen Auswertung der Daten bei Patienten mit moderatem Alzheimer und mit Apo-E4-Allel, heißt es in der Mitteilung. Die kompletten Studienergebnisse sollen Mitte Juli auf einer Alzheimertagung in Boston vorgestellt werden.

Allerdings wäre die Immuntherapie auch bei einem Erfolg keine praxistaugliche Behandlung für Alzheimerpatienten - denn es gäbe wohl kaum genug IVIG, um damit auch nur einen Bruchteil der weltweit wachsenden Zahl dieser Patienten zu therapieren.

So werden Immunglobuline bislang aus Spenderplasma gewonnen und auch für viele andere Erkrankungen wie Immundefekte, Leukämien und Transplantationen dringend benötigt. Ein Erfolg des IVIG-Ansatzes könnte aber den Weg für praktikablere Immuntherapien weisen.

So vermutet man unter den polyklonalen IVIG-Antikörpern auch solche gegen Beta-Amyloid - und diese könnte man gezielt herstellen.

Lesen Sie dazu auch: Leitartikel zum Alzheimer-Desaster: Medizinische Forschung braucht neue Strukturen

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