Alzheimer

Müllabfuhr im Hirn gestört

Bei Alzheimerpatienten wird offenbar nicht mehr genug Beta-Amyloid aus dem Gehirn gespült. So ist bei ihnen der Austausch mit dem Liquor gestört. Dies könnte dazu beitragen, dass sich eine Demenz entwickelt, legen neue Daten nahe.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Beta-Amyloidablagerungen im Hirn bei Alzheimer.

Beta-Amyloidablagerungen im Hirn bei Alzheimer.

© Springer Medizin

PHILADELPHIA. Inzwischen ist zumindest eines klar: Die Entwicklung einer Alzheimerdemenz ist ein recht komplexer Prozess.

Den Beta-Amyloid-Ablagerungen kommt offenbar eine zentrale Bedeutung zu, weshalb sich das Protein bei Alzheimerkranken aber im Hirn ablagert und nicht wie bei gesunden Menschen rechtzeitig entfernt wird, bevor es Schaden anrichtet oder verklumpt, darauf weiß bislang noch niemand eine gute Antwort.

Auf dem US-Neurologenkongress in Philadelphia hat Professor Tsutomu Nakada von der Universität in Davis, Kalifornien, nun neue Hinweise für die Hypothese gefunden, dass bei Alzheimer die Müllabfuhr im Gehirn nicht mehr richtig funktioniert.

Im Alzheimer-Tiermodell hatten Forscher um den Neurologen beobachtet, dass bei Mäusen mit zu viel Amyloid im Gehirn offenbar die Entsorgung über den Liquor zusammenbricht. So ist bei solchen Tieren der Austausch von Flüssigkeit zwischen Liquor und Interstitium gestört.

Hauptsächlich scheint dies an einer Fehlfunktion von Aquaporin-4-Kanälen im den Virchow-Robin-Raum zu liegen, der die intrazerebralen Gefäße umgibt, sagte Nakada.

Einstrom in den Liquor um ein Viertel verringert

Zumindest ein Teil des Amyloids wird auf diesem Weg normalerweise aus dem Hirn gewaschen.

In einer PET-Studie wollten die Forscher schauen, ob bei Menschen mit Alzheimer ein ähnliches Defizit bei der Hirnspülung zu beobachten ist.

Dazu dokumentierten sie den Flüssigkeitsaustausch im Gehirn mit radioaktiv markierten Wassermolekülen bei drei Gruppen mit jeweils zehn Personen: gesunde jüngere Menschen, gesunde ältere Personen und ähnlich alte Alzheimerkranke.

Verglichen mit den gesunden älteren Teilnehmern zeigten die jüngeren einen etwa 40 Prozent stärkeren Flüssigkeitsaustausch zwischen Gehirn und Liquor, dagegen war er bei den Alzheimerkranken signifikant um etwa ein Viertel verringert.

Dysfunktion von Aquaporinkanälen

Nakada vermutet, dass die Funktion der Aquaporinkanäle auch bei Menschen im Alter nachlässt und somit auch die Fähigkeit, Beta-Amyloid aus dem Hirn zu spülen.

Bei Alzheimerpatienten ist diese Dysfunktion deutlich stärker ausgeprägt. Die Frage ist natürlich auch hier, ob die verstärkte Dysfunktion Folge oder eine Ursache der Erkrankung ist.

Die Ergebnisse sind auch insofern interessant, als Schlafmangel oder ein fragmentierter Schlaf mit einem erhöhten Alzheimerrisiko assoziiert wird. Da die Hirnspülung vor allem im Schlaf stattfindet, wird angenommen, dass zu wenig Schlaf diesen Prozess stört.

Nakada sieht auf jeden Fall Hinweise, dass ein zu geringer Austausch zwischen Flüssigkeitsaustausch zwischen Hirn und Liquor an der Alzheimerpathologie beteiligt ist.

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