Biomarker

Fortschritt bei Alzheimer-Bluttest

Forscher haben zehn Proteine identifiziert, die stark mit der Prognose der Alzheimer-Demenz assoziiert sind. Das könnte die Entwicklung von Bluttests zur Risikoabschätzung beflügen.

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Blutproben - bald zur Prognose eines M. Alzheimer?

Blutproben - bald zur Prognose eines M. Alzheimer?

© luoman / iStock / Thinkstock.com

LONDON. In bisherigen Studien hatten sich 26 Proteine im peripheren Blut als potenzielle Biomarker für einen M. Alzheimer herauskristallisiert. Neurologen aus London werteten zusammen mit dem britischen Unternehmen Proteome Sciences, das sich auf Biomarker spezialisiert hat, drei Kohortenstudien aus (Alzheimer's & Dementia 2014, online 8. Juli).

476 der 1148 Studienteilnehmer hatten bereits M. Alzheimer, 220 Patienten eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI, mild cognitive impairment). 452 gesunde ältere Teilnehmer dienten als Kontrollgruppe. 476 Teilnehmer über alle Gruppen hinweg hatten zudem eine MRT-Untersuchung des Gehirns.

Zunächst bestätigten die Forscher frühere Beobachtungen, dass 16 Biomarker mit dem Erkrankungsstadium, gemessen etwa mit MRT, korrelieren. Ob sich ein Fortschreiten der MCI mit einem Teil der Proteine vorhersagen lässt, ermittelten sie mit der statistischen Naive-Bayes-Methode, einem Verfahren des maschinellen Lernens.

Im Durchschnitt entwickelten MCI-Patienten innerhalb von 375 Tagen M. Alzheimer. Zehn der 16 Eiweißmoleküle im Blut hatten den besten Vorhersagewert, darunter ApoC3, ICAM-1, RANTES sowie Cystatin C und Clusterin.

Ein Test mit den zehn Proteinen hätte eine Sensitivität von 85 Prozent und eine Spezifität von 88 Prozent. Bei 85 von 100 MCI-Patienten lässt sich somit sicher voraussagen, dass sie eine Alzheimer-Demenz innerhalb eines Jahres entwickeln. Bei 15 von 100 Patienten ist der Test falsch-negativ.

Anhand des Tests auf Basis der zehn Biomarker werden schließlich von 100 Gesunden nur 88 also solche identifiziert. Bei zwölf der 100 Gesunden ist der Test somit falsch-positiv.

Allerdings lag die Spezifität nur dann bei 88 Prozent, wenn in der Berechnung auch berücksichtigt wurde, ob die Proben von einem Patienten mit dem APO-E4-Genotyp stammten. Dieser Genotyp ist mit einem erhöhten Alzheimer-Risiko assoziiert. Ohne Berücksichtigung dieses Genotyps lag der Wert für die Spezifität bei etwa 71 Prozent.

Die Ergebnisse dieser Studie müssen allerdings nach Angaben der Wissenschaftler in bevölkerungsgestützten Kohortenstudien überprüft werden. Das Augenmerk müsse dabei vor allem auf die Spezifität eines solchen Tests gerichtet werden und auf die Tatsache, dass die Biomarker auch bei anderen Störungen Veränderungen unterliegen, etwa bei Entzündungen, bei kardiovaskulären oder respiratorischen Störungen.

Zu prüfen sei auch, ob die zehn Biomarker spezifisch für Morbus Alzheimer oder auch bei anderen demenziellen Syndromen von Bedeutung sind. Schließlich sei es interessant herauszufinden, welcher Zusammenhang zwischen dem Auftauchen der zehn Proteine im Blut und der Entstehung von Beta-Amyloiden und Tau-Proteinen besteht.

Nach Angaben von Proteome Sciences könnte der Test in zwei Jahren erhältlich sein. Zugleich erinnert der Demenzforscher Dr. Eric Karran, Direktor der britischen Organisation Alzheimer's Research UK, daran, dass ein solcher Test derzeit für ein Screening der Bevölkerung ungeeignet ist, wie er in einer Mitteilung des King's College zitiert wird. (ple)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Test (noch) zum Vergessen

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