Alzheimermarker?

Riechtest sagt Demenz voraus

Können alte Menschen nicht mehr gut riechen, kann das offenbar auf eine künftige Demenz hindeuten. Eine Studie zeigt: Wer im Riechtest schlecht war, hatte ein fünffaches Risko für Alzheimer.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Wird der Duft erkannt? Der schleichende Verlust des Geruchssinns kann Vorbote kognitiven Abbaus sein.

Wird der Duft erkannt? Der schleichende Verlust des Geruchssinns kann Vorbote kognitiven Abbaus sein.

© Hamels / fotolia.com

ROCHESTER. Der Geruchssinn ist bei neurodegenerativen Erkrankungen oft schon recht früh betroffen. Bekannt sind Hyposmie und Anosmie im frühen Parkinsonstadium, doch auch für eine Alzheimerdemenz gibt es inzwischen reichlich Hinweise, wonach ein schleichender Verlust des Geruchssinns bei einem Teil der Patienten dem kognitiven Abbau vorausgeht.

Hinzu kommen pathologische Erkenntnisse, nach denen der Riechkolben, das Riechhirn und das Ammonshorn besonders früh Amyloidplaques und Neurofibrillen anhäufen.

Eine Gruppe um Dr. Rosebud Roberts von der Mayo-Klinik in Rochester hat nun in einer Auswertung der Mayo Clinic Study of Aging geschaut, ob sich dies auch bei einer größeren Kohorte älterer Menschen bestätigen lässt und ob ein schlechter Geruchssinn spezifisch den Verlust des Gedächtnisses vorhersagen kann (JAMA Neurol 2015, online 16. November).

Schließlich werden händeringend Verfahren gesucht, um Personen mit hohem Alzheimerrisiko für neue Wirkstoffstudien zu identifizieren.

Schlechter Riechtest, hohe MCI-Rate

Für die Mayo-Klinik-Studie haben sich zwischen 2004 und 2010 insgesamt 1630 ältere kognitiv noch gesunde Teilnehmer eingeschrieben, zudem haben sich über 300 Personen mit bereits bestehender leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) beteiligt.

Alle haben dabei einen Geruchstest absolviert: Beim "Brief Smell Identification Test" (B-SIT) müssen die Probanden sechs Nahrungsmittel und Gewürze erriechen (Banane, Schokolade, Zimt, Ananas, Zitrone, Zwiebel) sowie sechs andere Düfte (Farbverdünner, Benzin, Seife, Rose, Rauch und Terpentin).

Zu Beginn waren die Teilnehmer rund 80 Jahre alt und kognitiv gesund. Nach im Schnitt 3,5 Jahren konnten noch 1430 der Probanden nachuntersucht werden. Bei 250 (17 Prozent) von ihnen stellten die Ärzte eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) fest, bei 162 eine amnestische MCI.

Diese Personen hatten beim Geruchstest zuvor deutlich schlechter abgeschnitten als Teilnehmer, die keine amnestischen Probleme entwickelt hatten.

Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Bildung war die MCI-Rate im Quartil mit den schlechtesten Testwerten mehr als doppelt so hoch wie im Quartil mit den besten Werten. Generell war die Rate umso höher, je schlechter die Teilnehmer beim Geruchstest abschnitten.

Schlechte Werte, hohe Demenzrate

Dagegen war die Rate für eine nichtamnestische MCI bei den Hyp- und Anosmotikern nicht erhöht, sondern tendenziell sogar geringer als bei den Normosmotikern, die Differenzen zu den Normalriechern waren aber nicht signifikant.

Von den Personen mit zu Beginn bestehender MCI konnten 221 nachuntersucht werden. 185 hatten eine amnestische oder multiple MCI, 36 eine nichtamnestische MCI. Von all diesen Patienten entwickelten 63 (28 Prozent) eine Demenz.

Dabei war die Alzheimerrate bei den Teilnehmern mit den schlechtesten Werten beim Riechtest 5,2-fach höher als bei den MCI-Patienten mit den besten Werten. Auch dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Die Studienautoren um Roberts weisen darauf hin, dass sich der B-SIT sehr leicht im Praxisalltag anwenden lässt. Außerdem wird zur Interpretation kein geschultes Personal benötigt und der Test ist zudem recht billig.

Damit ließen sich folglich - zusammen mit anderen Verfahren - sehr einfach Personen mit hohem Risiko für MCI oder Morbus Alzheimer identifizieren.

Diese könnten dann motiviert werden, durch Präventionsmaßnahmen ihr Demenzrisiko zu senken oder an klinischen Präventionsstudien teilzunehmen.

Mehr zum Thema

Metaanalyse

Schützen Biologika bei Rheuma vor Demenz?

Pilotstudie mit Aducanumab

Fokussierter Ultraschall verstärkt Anti-Amyloid-Therapie

Nach 40 Jahren erkrankt

Alzheimer durch Wachstumshormon übertragen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Klinisch ist die Herausforderung bei der IgA-Nephropathie ihr variabler Verlauf. In den meisten Fällen macht sie keine großen Probleme. Bei einem Teil der Patienten verläuft sie chronisch aktiv, und einige wenige erleiden katastrophale Verläufe, die anderen, schweren Glomerulonephritiden nicht nachstehen.

© reineg / stock.adobe.com

Glomerulonephitiden

IgA-Nephropathie: Das Ziel ist die Null