Kommentar zu Demenz

Unbegründete Furcht

Von Thomas Müller Veröffentlicht:

Hypnotika und Beruhigungsmittel haben keinen guten Ruf: Sie sollen ältere Menschen früher ins Grab bringen, Krebs verursachen und eine Demenz beschleunigen. Es gibt viele Studien, die solche Zusammenhänge nahelegen und jedes Mal zu einem Aufschrei in der Laienpresse führen.

Seltsamerweise will keiner Krebsmedikamente verbieten, obwohl doch gerade diejenigen, die solche Medikamente einnehmen, mit am frühesten sterben. Hier scheint jeder zu verstehen, dass dies am Krebs, also der Indikation liegt, und nicht an den Arzneien.

Ein solcher Indikationsbias konnte aber in den Tranquilizer- und Hypnotika-Analysen fast nie ausgeschlossen werden, obwohl er naheliegt: Wer nicht genug schläft, hat ein hohes Risiko für alle möglichen Krankheiten und Unfälle, wer Tranquilizer benötigt, ist vielleicht schon schwer organisch krank.

Schlafexperten hatten aufgrund solcher Studien provokativ gefordert, nicht weniger, sondern mehr Hypnotika zu verordnen, um die Mortalität und Morbidität zu senken.

Nun weisen Daten einer gut gemachten US-Studie auf ein anderes Problem: Offenbar besteht auch eine reverse Kausalität: Schlafstörungen und Ängste im Demenzprodrom fördern den Benzokonsum, nicht umgekehrt.

Es gibt viele Gründe, Benzos im Alter mit Bedacht zu verordnen, die Angst vor einer Demenz zählt aber nicht dazu.

Lesen Sie dazu auch: Entwarnung: Doch keine Demenz durch Benzodiazepine

Mehr zum Thema

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

US-amerikanischer Neurologen-Kongress

Neue Daten zu Lecanemab: Frühe Alzheimer-Therapie lohnt sich

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen