Ohne Prävention wird es bald 333 Millionen Diabetiker geben

BRÜSSEL (hbr). Die International Diabetes Federation (IDF) schlägt Alarm: 194 Millionen Menschen weltweit haben zur Zeit Diabetes, und im Jahr 2025 werden es 333 Millionen sein. Das ist ein Anstieg von 5,1 auf 6,3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Diese Berechnungen hat die IDF mit ihrem Diabetes-Atlas vorgelegt. Ihre Folgerung: Wenn jetzt nichts unternommen wird, könnte Diabetes zur bisher größten Volkskrankheit werden. Die IDF hat die Prävention des Diabetes daher neu in ihre Prioritätenliste aufgenommen.

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Mit 48 Millionen Betroffenen leben heute die meisten Diabetiker in Europa. In Nordamerika und Europa ist die Prävalenz mit 7,9 und 7,8 Prozent am größten. Bis zum Jahr 2025 wird sie auf 9,7 und 9,1 Prozent steigen.

Südost-Asien wird von 82 Millionen Diabetikern regelrecht überschwemmt werden; das Gebiet hat bereits heute die größte Zahl (93 Millionen) und die höchste Prävalenz (13,2 Prozent) an Menschen mit gestörter Glukosetoleranz. Europa folgt mit 10,2 Prozent. Das Einzelland mit den meisten Zuckerkranken ist und bleibt Indien mit heute 36 Millionen und 74 Millionen bis 2025. Mindestens 85 bis 95 Prozent der Patienten sind Typ-2-Diabetiker.

Erstmals wurden Daten zur gestörten Glukosetoleranz (IGT) global erfaßt. Als Übergang zum Diabetes erlaubt die IGT einen Blick in die Zukunft: Denn 70 Prozent der IGT-Betroffenen entwickeln einen Typ-2-Diabetes. Die Zahlen: 314 Millionen Menschen haben schon eine IGT - mehr, als Menschen in den USA leben. 472 Millionen werden es 2025 sein. Und: Bei IGT ist das kardiovaskuläre Risiko bereits verdoppelt.

Der gestiegene Verzehr fett- und zuckerreichen Essens fördert die Adipositas und damit den Diabetes. Übergewicht verursacht in Nordamerika und Europa mehr als 80 Prozent der Diabeteserkrankungen. Gesunde Ernährung, Bewegung und ein moderater Gewichtsverlust könnten die Inzidenz um 58 Prozent senken.

Folgeschäden des Diabetes sind in entwickelten Ländern heute die häufigste Ursache von Blindheit, Nierenversagen und Amputationen der unteren Extremitäten. Die Prävalenz der Mikroalbuminurie beträgt in Deutschland 14,5 Prozent.

Jeden dritten Typ-2-Diabetiker erwartet eine Retinopathie. Das kardiovaskuläre Erkrankungsrisiko ist für Diabetiker zwei- bis vierfach erhöht, die Folge: 50 bis 80 Prozent der Patienten sterben daran. Prävention, so fordern die Autoren, sollte daher ein Risikofaktoren-Management einschließen, das auch Hypertonie und Dyslipidämie angeht.

Die direkten Kosten, die der Diabetes verursacht, werden für die 20- bis 79jährigen auf mindestens 153 Milliarden Dollar im Jahr geschätzt. Bis 2025 wird der Betrag auf 213 bis 396 Milliarden wachsen. Einige Länder müßten dafür bis zu 40 Prozent ihres Gesundheitsbudgets aufwenden. Dabei sterben selbst bei den heutigen Investitionen immer noch Menschen, weil ihre Versorgung mit Insulin nicht gesichert ist.

Falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, 314 Millionen IGT-Kranke: Die Daten belegen, daß auf die Gesundheitssysteme eine enorme Herausforderung wartet. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, wird uns das teuer zu stehen kommen, warnt Sir George Alberti, bei dessen IDF-Präsidentschaft der Atlas entstand. Falls die Gesundheitssysteme dann noch in der Lage sind, die Versorgung so vieler Diabetiker sicherzustellen. Denn da besteht, so die IDF, "ein bedeutendes Risiko".



FAZIT

Die Zahl der Diabetiker wird bis zum Jahr 2025 weltweit von gegenwärtig 194 Millionen auf voraussichtlich 333 Millionen steigen. Die Gründe für dieses Wachstum liegen vor allem im Mangel an Bewegung und an der ungesunden Ernährung: Mindestens 85 Prozent der Patienten haben Typ-2-Diabetes. Hier ist Vorbeugen möglich. Die prognostizierten Zahlen könnten die Gesundheitssysteme überfordern. Die International Diabetes Federation hat die Diabetesprävention in ihre Prioritätenliste aufgenommen. (hbr)

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