Diabetes durch Alkohol? Da braucht der Patient Insulin

HANNOVER (hbr). Patienten mit einem sekundären Diabetes mellitus als Folge von Alkoholproblemen sollten von Anfang an mit Insulin behandelt werden. Das hat Dr. Andreas Liebl aus Bad Heilbrunn beim Kongreß der Diabetologen in Hannover gesagt.

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Liebl stellte bei der Tagung die Kasuistik einer 56jährigen Patientin vor, deren Diabetes seit zehn Jahren bekannt war. Ihr Body Mass Index (BMI) war mit 26 kg/m² nur leicht erhöht. In den ersten fünf Jahren war sie mit einem Sulfonylharnstoff behandelt worden, danach zusätzlich mit Insulin. Unter der Behandlung mit einem Mischinsulin (30 :  70) mit zweimal täglich  20 Einheiten klagte sie jetzt über wiederkehrende Hypoglykämien, außerdem sei die Stoffwechseleinstellung nie wirklich gut gewesen: Die Nüchternwerte betrugen 150 bis 200 mg/dl und der HbA1c trotz Unterzuckerungen 7,8 Prozent.

Die Patientin, stellte Liebl fest, hatte ein Alkoholproblem. Das Problem für den Arzt in solchen Fällen: "Sie finden das relativ schlecht heraus; es wird in der Regel verheimlicht", so Liebl. Hier lieferte die Anamnese einen Hinweis: Acarbose war wegen chronischer Bauchschmerzen nicht vertragen worden.

Patienten mit sekundärem Diabetes durch Alkohol haben einen absoluten Insulin-Mangel und brauchen von Anfang an Insulin, betonte Liebl. Wenn möglich, nur kurzwirksame Präparate. Denn die meisten Patienten tränken doch noch Alkohol: "Mit langwirksamem Insulin haben wir da ein Unterzuckerungsrisiko."

Sulfonylharnstoffe wirken kaum: Die noch überlebenden Inselzellen "arbeiten ja, so gut sie können", so der Diabetologe. Die Patientin wurde auf ausschließlich kurzwirksames Insulin eingestellt. Die noch vorhandene geringe Eigensekretion genügte noch für den Bedarf während der Nacht.

Patienten mit sekundärem Diabetes, auch aufgrund anderer Ursachen wie Tumoren, sind sehr insulinempfindlich und oft schwerer einstellbar als Typ-1-Diabetiker, warnte Liebl. Starke Blutzuckerschwankungen und ausgeprägte Hypoglykämieprobleme sind typisch und erfordern eine prandiale Therapie mit kurzwirkendem Insulin und möglichst wenig Verzögerungsinsulin. Vor allem, wenn doch abends Injektionen nötig sind, ist eine Spätmahlzeit zu empfehlen. Nächtliche Messungen des Blutzuckers gehören dazu. Die ausreichende Kohlenhydrat-Aufnahme bei Alkoholkranken im Auge zu behalten, ist das nächste Problem. Die Zuverlässigkeit der Patienten ist nicht immer die beste, so Liebl: Oft seien sie deshalb nur stationär richtig einstellbar.

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