"Ich habe gewußt, daß es weiter geht, das habe ich gespürt!"

Von Pete Smith Veröffentlicht:

Für Michael Hackert ist es die Saison seines Lebens: 20 Tore hat der Eishockey-Profi der Frankfurt Lions in der laufenden Spielzeit bereits erzielt; sein Team ist aktueller Tabellenführer in der Deutschen Eishockey-Liga und schickt sich an, nach dem Triumph im vergangenen Jahr in dieser Saison erneut Deutscher Meister zu werden; gerade hat Hackert bei den Lions einen neuen Zweijahresvertrag unterschrieben; und in der Nationalmannschaft ist der Jungprofi in kürzester Zeit zum unverzichtbaren Leistungsträger gereift.

Dabei sah es vor noch nicht einmal drei Jahren so aus, als ob der Höhenflug des Stürmers abrupt enden würde: Hackert nämlich, so diagnostizierten die Ärzte im Jahr 2002, leidet an Typ-1-Diabetes.

Heilbronn, 1987: Als Sechsjähriger steht Michael Hackert das erste Mal auf dem Eis. Die rasante Jagd nach dem Puck ist schon bald mehr als ein Hobby, sie wird sein Leben. Hackerts Talent bleibt nicht unentdeckt. Mit 17 Jahren wird er Profi. Als Stürmer verdient er sich schon bald sowohl in seiner Mannschaft als auch bei seinen Gegnern Respekt. Die Erfolgskurve des Goalgetters zeigt steil nach oben. Doch plötzlich knickt die Kurve ab...

"Es fing damit an, daß ich ständig Durst hatte, auf Toilette mußte und mich dauernd schlapp fühlte", erzählt Hackert. In kurzer Zeit verliert er zehn Kilo an Gewicht. Lange versucht er, die Symptome zu ignorieren. Doch irgendwann geht gar nichts mehr. Sein Hausarzt kommt der Ursache seiner Beschwerden schnell auf die Spur. Ein Glukose-Test ergibt den unglaublichen Wert von 980 mg/dl. Hackert wird noch am selben Tag ins Krankenhaus eingewiesen.

"Das war ein totaler Schock", erinnert sich der 23jährige. Ein Schock, der ihm buchstäblich den Hals zuschnürt. Als er statt zum Spiel ins Krankenhaus fährt, sagt er niemandem Bescheid - noch nicht einmal seinen zwei Brüdern, mit denen er zusammen im selben Team spielt.

In der Klinik setzt sich der Alptraum fort: Einer der Ärzte eröffnet ihm, daß er seine Schlittschuhe an den Nagel hängen muß. Hackert weigert sich, das zu glauben: "Ich habe gewußt, daß es weiter geht", sagt er später, "das habe ich gespürt!"

Fast drei Wochen verbringt er in der Klinik. Sie wird zur Schleuse in sein neues Leben. Diabetes ist für ihn bis dato ein Fremdwort gewesen. Jetzt muß er sich mit Begriffen wie Insulin und Hypoglykämie herumschlagen, seine Nahrung nach Broteinheiten bemessen, die Funktionsweise des Blutzucker-Testgeräts verstehen und lernen, wie man sich selbst eine Spritze setzt.

Was ihm aber auch schnell klar wird: Keiner der Klinikärzte hat echte Erfahrungen mit zuckerkranken Hochleistungssportlern. Und so beschließt Hackert, eigene Erfahrungen zu sammeln. Noch in der Klinik beginnt er wieder mit dem Training - strampelt Kilometer auf dem Rad und stemmt Gewichte im Kraftraum.

Schon bald sieht er seinen Glauben bestätigt: Hochleistungssport und Diabetes schließen sich keineswegs aus, wenn die Insulinzufuhr an den erhöhten Kalorienbedarf angepaßt wird. Nur eines muß er lernen: Geduld zu haben, seinen Körper immer besser kennenzulernen.

Nach seiner Entlassung knüpft er da an, wo er aufgehört hat. Auf dem Eis bringt er schon bald wieder seine alte Leistung. Mehr noch, er baut sie aus. Die Frankfurt Lions werden auf den jungen Stürmer aufmerksam, holen ihn ein Jahr nach seiner Erkrankung in die Main-Metropole. Ein weiteres Jahr später ist das Team Meister - Hackert hat dazu mit elf Toren und 15 Vorlagen (Assists) maßgeblich beigetragen.

Nichts wird einem geschenkt, das mußte der 23jährige schon früh lernen. Den Beutel mit Meßgerät, Spritzen, Sportriegel und Traubenzucker hat er stets dabei. Zehn bis zwölf Mal am Tag mißt der 1,81 Meter große Profi den Zucker in seinem Blut. 140 bis 150 mg/dl ist ein guter Wert. Spritzen muß er nach jedem Essen. Wenn er sich ein süßes Stückchen gönnt, entspricht das etwa vier Broteinheiten, eine große Portion Nudeln zu Mittag summiert sich leicht auf das Doppelte.

"Im Prinzip kann ich essen, was ich will", faßt Hackert zusammen. "Wie man eingestellt wird, richtet sich danach, wie man lebt. Und ich lebe halt mit dem Sport." Sein Wissen bewahrt ihn jedoch nicht vor Rückschlägen: "Manchmal möchte ich das Testgerät am liebsten an die Wand schmeißen, weil ich nicht begreife, wie der viele Zucker wieder in meinen Körper gekommen ist."

Vor kurzem hat der 23jährige den Arzt gewechselt. Michael Simonsohn, Frankfurter Facharzt für Innere Medizin, sitzt bei jedem Heimspiel auf der Tribüne. Er versorgt den Profi ständig mit neuen Informationen. Gerade hat er ihm ein Langzeit-Meßgerät verordnet, das den Blutzucker drei Tage hintereinander bestimmt. Seit kurzem trägt Hackert auch eine Insulinpumpe am Körper. An diesen Anblick mußten sich seine Kollegen aus der Nationalmannschaft erst gewöhnen. "Aber nach ein paar Tagen guckt keiner mehr hin."

"Ich fühle mich gut", resümmiert der Puck-Jäger, "aber es kann noch viel, viel besser werden." Auch sein Arzt sei optimistisch, daß er noch lange auf hohem Niveau spielen kann. Gerade erst haben sie gemeinsam den HbA1c-Wert des Patienten gesenkt. Hackert weiß, wie wichtig das vor allem zur Vermeidung von Spätschäden ist.

Daher unterstützt er die von Sanofi-Aventis initiierte bundesweite Diabetes-Aktion "Gesünder unter 7", die den Langzeitblutzuckerwert in den Mittelpunkt stellt. Als Betroffener will er Leidensgefährten vor allem eines mit auf den Weg geben: Selbst mit Diabetes kann man es bis ganz nach oben schaffen.



Große Aufklärungsaktion zu Diabetes startet am 11. März

Die von dem Arzneimittel-Hersteller Sanofi-Aventis initiierte Aufklärungsaktion "Wissen, was bei Diabetes zählt - Gesünder unter 7" gastiert ab 11. März an sieben Wochenenden in sieben deutschen Großstädten.

Jeweils an zwei Tagen können sich Besucher über Ursachen, Risikofaktoren sowie Therapie bei Diabetes informieren und mit Experten ins Gespräch kommen.

Für Betroffene besteht darüber hinaus die Möglichkeit, ihren HbA1c-Wert messen zu lassen. Die "Ärzte Zeitung" unterstützt die Aktion "Gesünder unter 7" als Medienpartner.

Die Termine in der Übersicht:

  • 11. und 12. März in Berlin (Ring-Center 1, Friedrichshain). Thema: Ernährung.
  • 18. und 19. März in Frankfurt am Main (Main-Taunus-Zentrum). Thema: Bluthochdruck.
  • 1. und 2. April in Dresden (Altmarkt-Galerie). Thema: Prävention.
  • 15. und 16. April in Mühlheim an der Ruhr (RheinRuhrZentrum). Thema: Diabetischer Fuß.
  • 22. und 23. April in Hamburg (Alstertal-Einkaufszentrum). Thema: Früherkennung.
  • 29. und 30. April in Stuttgart (SchwabenGalerie). Thema: Sport und Bewegung.
  • 13. und 14. Mai in München (PEP Perlacher Einkaufs Passagen). Themen: Herzinfarkt und Schlaganfall.
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