HbA1c runter, das schützt auch das Herz
Drei von vier Diabetikern sterben mittlerweile aufgrund von makroangiopathischen Komplikationen wie Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz. Umso wichtiger ist es, die Prävention bei diesen Patienten zu verstärken - auch durch intensivierte Therapien.
Veröffentlicht:Entgegen des allgemeinen Trends vergangener Jahrzehnte sind bei Diabetikern Morbidität und Sterberaten an Herzinfarkt und Herzinsuffizienz nicht zurückgegangen. Weiterhin sind deshalb makroangiopathische Komplikationen und besonders kardiovaskuläre Erkrankungen die Hauptursache für die hohe Morbidität und die hohe Sterberate bei Diabetikern: Drei Viertel von ihnen sterben mittlerweile daran und nicht etwa an Niereninsuffizienz. Diabetes wird daher als ein hohes Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen angesehen.
Es ist ähnlich hoch wie bei Nichtdiabetikern nach einem Herzinfarkt. Daten der KORA-Studie aus Augsburg haben es bestätigt: Männer mit Diabetes haben ein vierfach erhöhtes und Diabetikerinnen gar ein sechsfach erhöhtes Risiko für myokardiale Ischämie im Vergleich zu Nichtdiabetikern.
Die Prävention von Herz-Kreislauf-Krankheiten wird damit zur wichtigsten Aufgabe in der Therapie von Patienten mit Typ-2- und Typ-1-Diabetes. Leichter gesagt als getan. Denn eindrucksvolle epidemiologische Zusammenhänge sind das eine, der Beweis für verminderte Raten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Therapien ist das andere - und das, was wirklich interessiert.
Wie bei Nichtdiabetikern auch verringert eine aggressive Behandlung, mit der die traditionellen Risikofaktoren (etwa Hypertonie, LDL-Cholesterin und Rauchen) vermindert werden, die kardiovaskuläre Erkrankungs- und Sterberate bei Diabetikern.
Wie sieht es aber mit der Blutzucker senkenden Therapie aus? Erst allmählich gewinnt man dazu Daten. Eine Metaanalyse hatte belegt, dass Acarbose bei Typ-2-Diabetikern die Rate von kardiovaskulären Ereignissen vermindert. Die erste Endpunktstudie mit einem Glitazon, dem Pioglitazon (ProActive-Studie), ergab eine signifikante Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 16 Prozent, und zwar zusätzlich zur kardialen Standardmedikation.
Eine 16-prozentige Reduktion der Rate von Myokardinfarkten, die allerdings mit p = 0,052 die Signifikanz knapp verfehlt hat, wurde mit Sulfonylharnstoff oder Insulin auch in den UKPDS-Interventionsstudien gefunden. War die Therapie einfach nicht intensiv genug gewesen? Gilt hier nicht das Prinzip: Viel hilft viel?
Herzinfarkt-Rate um mehr als ein Fünftel gesenkt
Im vergangenen Jahr hatten mehrere große Studien (ACCORD*, VADT**) Unsicherheit über den Nutzen einer intensiven Blutzuckersenkung bei Typ-2-Diabetes hervorgerufen, was die Reduktion makrovaskulärer Ereignisse betrifft. In einer neuen Metaanalyse hatte die Forschergruppe um Dr. Kausik Ray aus Cambridge (Lancet 373, 2009, 1765) diese und weitere große Studien - fünf Interventionsstudien mit insgesamt mehr als 33 000 Typ-2-Diabetikern - berücksichtigt. Ergebnis: In der Gruppe mit intensiverer antidiabetischer Therapie war der HbA1c-Wert um 0,9 Prozentpunkte niedriger als in der konventionell behandelten Gruppe (6,6 versus 7,5 Prozent). Die stärkere HbA1c-Senkung war dabei mit einer signifikanten Reduktion von nicht-tödlichen Herzinfarkten um 17 Prozent und KHK-Ereignissen um 15 Prozent assoziiert. Auf Schlaganfälle und Gesamtsterberate hatte das Erreichen niedriger HbA1c-Werte keinen Einfluss. Die Daten belegen auch, dass der Effekt einer antiglykämischen Therapie auf kardiovaskuläre Ereignisse schwächer ist als der einer Lipidsenkung oder einer Blutdrucksenkung. (Rö)
*ACCORD: Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes
**VADT: Veterans Affairs Diabetes Trial