Pankreas

Erstaunliches Selbstheilungspotenzial

Bis zur Pubertät ist die Bauchspeicheldrüse wandlungsfähiger und verfügt über ein größeres Selbstheilungspotenzial als bisher angenommen. Das belegen aktuelle Studiendaten.

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GENF. Da sich Betazellen nicht erneuern, ging die Wissenschaft lange Zeit davon aus, dass der Verlust dieser Zellen unumkehrbar sei, und dass also Diabetikerinnen und Diabetiker ihr Leben lang auf Insulinspritzen angewiesen seien, teilt der Schweizerische Nationalfonds mit.

Vor vier Jahren haben Forschende um Professor Pedro Herrera von der Medizinischen Fakultät der Universität Genf erstmals an dieser Überzeugung gerüttelt, als sie mit gentechnisch veränderten Mäusen nachwiesen, dass sich in der erkrankten Bauchspeicheldrüse einige wenige Alphazellen in Betazellen umwandeln und danach anstatt des Blutzucker erhöhenden Glukagons das blutzuckersenkende Insulin herstellen.

Nun legt die Arbeitsgruppe um Herrera mit einer weiteren, in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Entdeckung nach (Nature 2014; 514: 503-507).

Sie haben in einer im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms "Stammzellen und regenerative Medizin" (NFP 63) geförderten Studie herausgefunden, dass bei Mäusen vor der Pubertät die Bauchspeicheldrüse in der Lage ist, einen allfälligen Verlust von Insulin produzierenden Betazellen zu kompensieren.

"Und zwar mit einem neuen, bisher völlig unbekannten Mechanismus", wird Herrera in der Mitteilung zitiert. Dabei entwickeln sich Somatostatin produzierende Deltazellen in Vorläuferzellen zurück, teilen sich und stellen schließlich Beta- und Deltazellen her.

Im Gegensatz zur Umwandlung der Alphazellen, die nur in begrenztem Umfang stattfindet, erlaubt der neue Mechanismus mit den wandelbaren Deltazellen einen effizienteren Ausgleich des Verlusts der Betazellen und eine rasche Selbstheilung des Diabetes.

Wandlungszeit der Deltazellen zeitlich begrenzt

Doch während sich Alphazellen bis ins hohe Alter umformen können, ist die Wandlungsfähigkeit der Deltazellen zeitlich beschränkt und nach der Pubertät nicht mehr möglich, heißt es in der Mitteilung des Schweizerischen Nationalfonds.

Zwar hat die Arbeitsgruppe um Herrera die Vielseitigkeit von Bauchspeicheldrüsenzellen an Mäusen studiert, doch mehrere Beobachtungen an Patienten weisen darauf hin, dass auch die menschliche Bauchspeicheldrüse ähnlich wandelbar ist.

"Der neue Mechanismus zeigt uns, dass die Bauchspeicheldrüse viel plastischer ist und - zumindest in der Kindheit - über ein viel größeres Selbstheilungspotenzial verfügt, als wir bisher angenommen hatten", erklärt der Schweizer Wissenschaftler.

Es sei zwar noch ein langer Weg, bevor Patienten mit einem Diabetes mellitus von diesen neuen Erkenntnissen direkt profitieren könnten, aber die Entdeckung der anpassungsfähigen Deltazellen zeige eine bisher ungeahnte Möglichkeit für therapeutische Interventionen auf.

Das Nationales Forschungsprogramm "Stammzellen und regenerative Medizin" (NFP 63) hat zum Ziel, grundlegende Erkenntnisse über die Natur, Funktion und die Umwandlungsfähigkeit der Stammzellen zu gewinnen. Darüber hinaus möchte das NFP 63 die Schweizer Stammzellforschung stärken.

Es ist im Jahr 2010 angelaufen und umfasst zwölf Projekte. Das NFP 63 verfügt über ein Budget von 10 Millionen Franken und läuft nächstes Jahr aus, heißt es in der Mitteilung. (eb)

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