Hypoglykämie

Nicht immer schlägt der Körper Alarm

Einige Unterzuckerungssymptome verlieren bei Typ-1-Diabetikern mit den Jahren an Intensität. Oft werden Hypoglykämien dann auch schlechter wahrgenommen - und das kann gefährlich sein.

Veröffentlicht:
Nicht immer bemerken Typ-1-Diabetiker Symptome der Unterzuckerung.

Nicht immer bemerken Typ-1-Diabetiker Symptome der Unterzuckerung.

© fovito / fotolia.com

TRONDHEIM. Im Laufe eines Diabetikerlebens steigt das Risiko für schwere Hypoglykämien. Wie sich in einer norwegischen Studie jetzt bestätigt hat, verlieren einige Symptome der Unterzuckerung bei langjährigen Typ-1-Diabetikern mit der Zeit an Intensität.

 Außerdem verschlechtert sich deren Wahrnehmung mit der Krankheitsdauer (Diabet Med 2014; 31: 1210-1217).

In einer Querschnittstudie untersuchte Dr. Sandra Olsen von der Norwegian University of Science and Technology zusammen mit norwegischen und britischen Kollegen Hypoglykämien bei Typ-1-Diabetikern.

Mittels Fragebogen wurden insgesamt Daten von 440 Probanden im mittleren Alter von 41 Jahren gesammelt. Die Probanden waren im Mittel bereits seit 21 Jahren an Diabetes erkrankt und der durchschnittliche HbA1c-Wert lag bei 8,0 Prozent.

98 Prozent spritzten mehrmals täglich Insulinanaloga oder trugen eine Pumpe. 37 Prozent der Befragten hatten im vorausgegangenen Jahr mindestens eine schwere Hypoglykämie erlebt. Auf der Likert-Skala gaben sie ihre Symptomstärken von 1-7 an.

Als gestörte Hypoglykämiewahrnehmung galt ein Score = 4.

Es zeigte sich eine signifikante Abschwächung der autonomen Warnzeichen einer Unterzuckerung mit der Dauer des Diabetes.

Während bei einer Krankheitsdauer von zwei bis neun Jahren ein mittlerer autonomer Symptomen-Score von 3,9 errechnet wurde, war dieser nach 40 und mehr Diabetikerjahren auf 3,0 gesunken.

Zittern, Heißhunger und Schwitzen werden schwächer

In Einzelanalysen verringerte sich die Intensität beim Zittern von 4,9 auf 2,9, beim Heißhunger von 4,0 auf 3,1 und beim Schwitzen von 4,8 auf 3,9. Keine Veränderungen zeigten sich dagegen jedoch bei den Symptomen "Angst" und "Herzklopfen".

Auch bei den neuroglykopenischen Symptomen (Verwirrung, Benommenheit, Schwindel, Schwäche, Wärmegefühl, Sprachschwierigkeiten, Konzentrationsstörungen, Sehprobleme und Müdigkeit) sowie in der Gesamtgruppe der Warnzeichen ließen sich keine Unterschiede im Krankheitsverlauf erkennen.

Insgesamt 17 Prozent aller Typ-1-Diabetiker nahmen eigenen Angaben zufolge Hypoglykämien nicht ausreichend wahr.

Der Anteil dieser Patienten stieg von 3 Prozent bei einer Krankheitsdauer von zwei bis neun Jahren bis auf 28 Prozent, wenn der Diabetes bereits mindestens 30 Jahre bestand.

Im Score (je höher, desto schlechter die Wahrnehmung) ergab sich für Patienten mit einer Diabeteserkrankung über zwei bis neun Jahre ein Wert von 1,9 vs. 2,7 bei ? 40 Jahren Krankheitsdauer.

Patientenschulungen wichtig

Außerdem nahmen jüngere Patienten die Symptome besser wahr als ältere. In der multivariaten Analyse erwies sich allerdings nur die Krankheitsdauer als signifikantes Kriterium bei der Wahrnehmungsstörung.

Außerdem war kein signifikanter Zusammenhang zwischen einer Wahrnehmungsstörung und schwachen Hypoglykämiesymptomen erkennbar. So lagen die Prävalenzen für die Wahrnehmungsstörung bei Patienten vom niedrigsten bis zum höchsten autonomen Symptomen-Score bei 16, 13, 16, bzw. 21 Prozent.

Gehäuft fanden sich Wahrnehmungsstörungen vielmehr bei Probanden, die über starke neuroglykopenische Symptome klagten. Die Studie zeige, so Olsen und Kollegen, wie wichtig die regelmäßige Patientenschulung zu den Symptomen einer Hypoglykämie sei.

Eine zunehmende Wahrnehmungsstörung könne durch klinische Screenings rechtzeitig erkannt werden, und betroffene Patienten könnten von einem Hypoglykämie-Wahrnehmungstraining profitieren.

Die Studie habe darüber hinaus gezeigt, so die Autoren, dass auch bei Patienten mit gestörter Wahrnehmung die Anzeichen einer Unterzuckerung nicht vollständig verschwinden würden, neuroglykopenische Symptome blieben bei den meisten Patienten erhalten. (St)

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Schilddrüsenwoche 2024

Eine Autoimmunthyreoiditis kommt selten allein

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Hoffnungsträger

Homotaurin-Prodrug bremst Alzheimer

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen

Lesetipps
Schwere Infektionen mit Antibiotika richtig behandeln: Behandlungsmythen, die so nicht stimmen.

© bukhta79 / stock.adobe.com

Richtig handeln bei Infektionen

Drei Mythen bei der Antibiotika-Therapie auf dem Prüfstand