Trauriger Rekord

Dreijähriges Mädchen mit Typ-2-Diabetes

Typ-2-Diabetes betrifft ja leider immer mehr junge Menschen. Nun hat eine Familie aus Texas einen neuen, bedenklichen Rekord aufgestellt: Konsequente Fehlernährung machte ein dreijähriges Mädchen zur jüngsten jemals erfassten Patientin mit Typ-2-Diabetes.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Fette und hochkalorische Ernährung führte bei dem kleinen Mädchen zu Typ-2-Diabetes.

Fette und hochkalorische Ernährung führte bei dem kleinen Mädchen zu Typ-2-Diabetes.

© kwanchaichaiudom / fotolia.com

STOCKHOLM. Von "Altersdiabetes" kann man hier wohl kaum sprechen: Ärzte aus Texas stellten eine ernährungsbedingte Zuckererkrankung bei einem dreijährigen Mädchen fest - und konnten sie anschließend per Metformin und Lebensstiländerung heilen.

Dieser bedenkliche Rekord ist einer texanischen Familie gelungen: Durch eine konsequente Fehlernährung erzeugten sie bereits bei einem dreieinhalbjährigen Mädchen einen Typ-2-Diabetes. Offenbar handelt es sich hier um die jüngste jemals erfasste Patientin mit dieser Form der Zuckererkrankung.

Den Fall haben nun Pädiater um Dr. Michael Yafi aus Houston auf dem europäischen Diabeteskongress in Stockholm vorgestellt (Diabetologia 2015; 58 (Suppl 1):S152-153).

Yafi wurde auf das Mädchen in der pädiatrisch-endokrinologischen Uniklinik aufmerksam - dort hatte man sie wegen ihres starken Übergewichts von 35 kg untersucht. Zum Vergleich: Die Hälfte der Mädchen in diesem Alter wiegt weniger als 15 kg, 97 Prozent wiegen weniger als 20 kg.

Die Anamnese ergab nur wenige Auffälligkeiten. Beide Eltern waren adipös, hatten aber keinen Diabetes. Geburtsgewicht (3,2 kg) und Schwangerschaftsdauer erwiesen sich als normal.

Polyurie und Polydipsie

Klinisch waren den Ärzten zunächst eine ausgeprägte Harnausscheidung und ein starker Durst aufgefallen. Äußere Anzeichen eine Trisomie oder Thyromegalie konnten sie nicht erkennen.

Die Laboruntersuchungen offenbarten einen Nüchtern-Glukose-Spiegel von 230 mg/dl, einen HbA1c-Wert von 7,2 Prozent , deutlich erhöhte Insulinwerte von rund 340 pmol/l (normal sind < 200 pmol/l) sowie erhöhte Werte von C-Peptid (6,9 ng/l, normal: < 3,3 ng/l). Immunmarker für einen Typ-1-Diabetes fehlten hingegen.

Aufgrund der klinischen Symptome, des extremen Übergewichts und der Laborwerte stellte das Team um Yafi die Diagnose eines Typ-2-Diabetes.

Weitere Nachforschungen ergaben eine miserable Ernährung des Kindes. Offenbar wurde das Mädchen in unkontrollierter Weise mit fetten und hochkalorischen Produkten gefüttert.

Aus diesem Grund versuchten die Ärzte zunächst, auf die Eltern einzuwirken, ihr Kind halbwegs normal zu ernähren, indem sie die Nahrung angemessen portionierten und die Kalorien zählten. Zugleich sollten sie auf ausreichend Bewegung achten. Gegen den Diabetes verordneten die Pädiater eine flüssige Form von Metformin (500 mg/d).

Mit diesen Maßnahmen gelang es tatsächlich, das Gewicht deutlich zu senken und die Blutzuckerwerte zu verbessern, sodass die Ärzte die Metformintherapie langsam wieder ausschleichen konnten.

Sechs Monate nach der Erstuntersuchung hatten sich die Blutzuckerwerte wieder weitgehend normalisiert, der HbA1c-Wert lag bei 5,3 Prozent, das Gewicht war um ein Viertel zurückgegangen.

Anhaltender Erfolg?

Das Beispiel zeige, schreibt Yafi, dass es auch bei kleinen, stark übergewichtigen Kindern sinnvoll ist, nach einem Typ-2-Diabetes zu schauen.

Wenn Ärzte die Erkrankung rechtzeitig erkennen und eine antidiabetische Therapie einleiten - begleitet von einer gesünderen Ernährungsweise und mehr Bewegung, lassen sich die kleinen Patienten rasch vom Diabetes befreien.

Ob ein solcher Erfolg jedoch lange anhält, wenn sich die Eltern einmal daran gewöhnt haben, ihren Nachwuchs mit Chips und Süßem vom Fernseher erziehen zu lassen, darf bezweifelt werden.

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