Typ-1-Diabetiker

Vorsicht bei gestörter Wahrnehmung

Schwere Unterzuckerungen bei alten Menschen mit Typ-1-Diabetes sind häufig mit Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörungen und einer erhöhten Glukosevariabilität assoziiert.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Viele alte Menschen mit Diabetes nehmen sich anbahnende Hypoglykämien häufig nicht mehr wahr.

Viele alte Menschen mit Diabetes nehmen sich anbahnende Hypoglykämien häufig nicht mehr wahr.

© Konstantin Sutyagin / fotolia.com

SYRACUSE. Vor allem ältere Typ-1-Diabetiker sind durch schwere Hypoglykämien gefährdet. Welche Faktoren dabei mit den Unterzuckerungen assoziiert sind, haben jetzt US-Diabetologen in einer Fall-Kontroll-Studie untersucht.

Teilnehmer waren Patienten im Alter ab 60 Jahren aus 18 Diabeteszentren des "T1D Exchange Clinic Network" in den USA. Alle Patienten waren seit mindestens 20 Jahren erkrankt (Diabetes Care 2016; 39: 603).

Die 101 Patienten der Fallgruppe hatten mindestens einmal in dem Jahr vor Studienbeginn eine Hypoglykämie gehabt. Bei den 100 Patienten der Kontrollgruppe hatte es dagegen seit drei Jahren keine Unterzuckerungen mehr gegeben.

Als schwere Hypoglykämie wurde ein Zustand definiert, bei dem Patienten aufgrund einer Bewusstseinsstörung oder Verwirrung auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen sind, um Kohlenhydrate, Glukagon oder andere wiederbelebende Maßnahmen zu erhalten.

Alle zwei Wochen befragt

Patienten beider Gruppen wurden zweimal im Abstand von zwei Wochen befragt und mehreren Tests unterzogen, unter anderem zu Kognition, Depression und eingeschränkter Hypoglykämie-Wahrnehmung. Eine kontinuierliche Blutglukosemessung (CGM) wurde vorgenommen und C-Peptid und HbA1c bestimmt.

Wie die Ärzte um Professor Ruth S. Weinstock von der Upstate Medical University in Syracuse berichten, lag der HbA1c-Wert in der Gruppe mit Hypoglykämien ähnlich hoch wie in der Kontrollgruppe (7,8 vs 7,7 Prozent). Das Gleiche galt für die per CGM gemessenen durchschnittlichen Glukosewerte (175 versus 175 mg/dl).

Unterschiede gab es jedoch beim Parameter "Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung". In der Hypoglykämie-Gruppe gaben nur elf Prozent an, dass sie bei Unterzuckerungen stets auch Symptome hatten, in der Kontrollgruppe waren es 43 Prozent (statistisch signifikant).

17 vs 6 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie nie oder nur selten bei zu niedrigen Blutzuckerwerten Symptome hätten.

Und: 58 vs 25 Prozent der Patienten hatten eine Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung, also keine oder zumindest selten oder nur manchmal Symptome bei zu niedrigen Blutzuckerspiegeln.

Variabilität der Blutglukose signifikant höher

Bei den Hypoglykämie-Patienten war die Variabilität der Blutglukose signifikant höher als in der Kontrollgruppe, und zwar vorrangig tagsüber.

Unterschiedlich war auch die Häufigkeit von Blutzuckerwerten unter 60 mg/dl für mindestens 20 Minuten. Solche Zustände wurden in der Kontrollgruppe an 33 Prozent der Tage mit mindestens einer hypoglykämischen Situation festgestellt.

In der Gruppe mit Hypoglykämien bereits in der Vorgeschichte war das an 46 Prozent der Tage der Fall. Auch bei einigen Kognitionstests schnitten Patienten mit Hypoglykämien in der jüngeren Vorgeschichte schlechter ab als Teilnehmer der Kontrollgruppe.

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