Studie

Doppelt hohes Sterberisiko nach Herzinfarkt für Diabetiker

Nach Herzinfarkt haben Diabetiker ein besonders hohes Sterberisiko. Die Risikoerhöhung hängt dabei nach einer Studie nicht von Begleiterkrankungen, Risikofaktoren und kardiovaskulären Therapien ab.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Doppelt hohes Sterberisiko nach Herzinfarkt für Diabetiker

© KPphoto / iStock.com

LEEDS. Dass KHK-Patienten mit Diabetes nach Herzinfarkt stärker gefährdet sind als Infarktpatienten ohne Diabetes, ist nicht neu. Unklar ist jedoch, ob diese Risikoerhöhung auf die Diabetes-Erkrankung per se oder auf Begleiterkrankungen und Risikofaktoren zurückzuführen ist. Nach einer britischen Studie scheint die Diabetes-Erkrankung selbst wohl wesentlich zur Mortalitätserhöhung nach Infarkt beizutragen.

Forscher um den Kardiologen Professor Chris Gale, University of Leeds, haben dazu Daten von über 700.000 Patienten des MINAPRegisters (Myocardial Ischaemia National Audit Project) ausgewertet (J Epidemiol Community Health 2016, online 15. Juni). Alle Patienten waren von Januar 2003 bis Juni 2013 wegen akutem Myokardinfarkt (281.259 mit STEMI, 422.661 mit NSTEMI) in England und Wales stationär behandelt worden. Zur Koronarerkrankung kam bei 120.568 (17,1 Prozent) ein Diabetes hinzu .

Das Gesamt-Follow-up umfasst 1,94 Millionen Personenjahre. In dieser Zeit starben 187.875 Patienten (26,7 Prozent). Bei der Analyse des Sterberisikos nahmen die Forscher statistische Adjustierungen nicht nur für Faktoren wie Alter, Geschlecht und Jahr des Infarktereignisses vor, sondern auch für Begleiterkrankungen, Risikofaktoren und kardiovaskuläre Therapieregime. Zum Vergleich wurden die Sterberaten einer auf die Infarktpatienten "gematchten" Bevölkerung von England und Wales (knapp 57 Millionen Personen) herangezogen.

Nach dieser adjustierten Analyse war ein Diabetes als unabhängiger Risikofaktor bei STEMI-Patienten mit einem signifikant um 56 Prozent höheren Sterberisiko assoziiert. Bei Patienten mit NSTEMI stellten die Untersucher eine um 39 Prozent höhere Mortalität im Vergleich zu Infarktpatienten ohne Diabetes fest.

"Wir müssen den Fokus stärker auf die Langzeiteffekte des Diabetes bei Überlebenden eines Herzinfarkts richten", fordert Studienleiter Gale in einer Pressemitteilung der Universität Leeds als Konsequenz aus den Ergebnissen. Dafür müsse die "Partnerschaft zwischen Kardiologen, Allgemeinmediziner und Diabetologen gestärkt werden".

Die Studie stelle erstmals klar, dass der Anstieg der Mortalität nach Herzinfarkt mit dem Diabetes selbst, nicht aber mit Faktoren wie Begleiterkrankungen in Zusammenhang stehe, konstatiert Dr. Mike Knapton von der British Heart Association an gleicher Stelle.

Welcher spezifische pathophysiologische Effekt des Diabetes ist aber für den deutlichen Anstieg der Mortalität verantwortlich? Eine schlüssige Antwort auf diese Frage haben die Forscher nicht. Sie wollen sich aber in ihrer künftigen Forschung darauf konzentrieren.

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