Typ-2-Diabetiker

Genvariante verbessert offenbar die Wirksamkeit von Metformin

Wie gut Metformin bei Typ-2-Diabetikern anspricht, hängt offenbar auch von den Genen ab. Forscher des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) fanden jetzt eine Genvariante, die die Wirksamkeit des Biguanids erhöht.

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Das Genom von Patienten im Fokus: Damit lassen sich individuelle Unterschiede in der Pharmakologie von Medikamenten aufdecken.

Das Genom von Patienten im Fokus: Damit lassen sich individuelle Unterschiede in der Pharmakologie von Medikamenten aufdecken.

© Wolfgang Filser / mauritius images

DÜSSELDORF. Metformin ist das Standardmedikament zur Blutzuckersenkung bei Typ-2-Diabetes. Das Biguanid wird zudem häufig „off label“ angewandt und außerdem in klinischen Studien bei anderen Indikationen geprüft, etwa bei der Prävention von Krebs oder bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen.

Bei Menschen mit einer bestimmten Variante des GLUT-2-Gens senkt das Antidiabetikum offenbar wirksamer den Blutglukosespiegel im Vergleich zu Menschen ohne diese Gen-Variante. Das hat ein Team von Wissenschaftlern am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf in einer Studie mit neu an Typ-2-Diabetes erkrankten Menschen belegt (Diabetologia 2019; 62: 286).

Ausgangspunkt der Untersuchung waren Daten des Metformin Genetics (MetGen) Konsortiums von mehr als 13.000 Diabetespatienten. Analysen haben dabei gezeigt, dass sich eine bestimmte Variation im Glukosetransporter-Gen GLUT-2 bei Behandlung mit Metformin auf den HbA1c-Wert auswirkt, berichtet das DDZ in einer Mitteilung.

Glukosetransporter sind Proteine, die für den Transport der Glukose durch die Zellmembran zuständig sind. Der Glukosetransporter GLUT-2 wird beim Menschen in den Nieren sowie in Leber und Dünndarm gebildet und unter anderem vom Gen SLC2A2 kodiert.

Genanalyse bei 508 Patienten

Unter der Leitung von Professor Wolfgang Rathmann haben die Wissenschaftler am DDZ nun untersucht, inwiefern sich der Behandlungseffekt von Metformin bei Patienten mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes mit und ohne diese Genvariation unterscheidet. Hierzu haben sie innerhalb der prospektiven Deutschen Diabetes-Studie bei 508 Teilnehmern mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes (Alter in Schnitt: 53 Jahre, 65 Prozent Männer) eine Genanalyse vorgenommen.

„Wir haben uns speziell die Variationen im SLC2A2-Gen angesehen und daraufhin mögliche Auswirkungen auf den Nüchtern-Blutglukosespiegel untersucht“, wird Mitautor Professor Michael Roden vom Vorstand des DDZ und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) in der Mitteilung zitiert.

Studienteilnehmer, bei denen eine bestimmte Variation dieses Gens (C-Allel) vorlag, berichteten zum Zeitpunkt ihrer Diabetes-Diagnose über mehr Diabetes-Symptome als Nicht-Träger dieses Gens. Unter den 45 Prozent der Teilnehmer, die ausschließlich mit Metformin behandelt wurden, ließ sich der Blutzucker bei Trägern des C-Allels (24 Prozent) innerhalb des ersten Jahres nach der Diagnose besser absenken als bei Nicht-Trägern.

Wird Glukosetransporter aktiver?

Bei Trägern der Variante ergab sich von der Diabetes-Diagnose bis zum Messzeitpunkt im ersten Jahr danach eine Absenkung um 6,3 mmol/l (114 mg/dl), im Vergleich zu 3,9 mmol/l (70 mg/dl) bei Nicht-Trägern. Der Unterschied blieb auch nach einer statistischen Anpassung der Werte hinsichtlich Alter, Geschlecht, Body Mass Index (BMI) und Diabetes-Dauer der Teilnehmer bestehen.

Solche Blutglukose-Differenzen zeigten sich jedoch nur bei Patienten, die ihren Blutzucker ausschließlich durch Metformin kontrollierten. Bei Patienten, die zusätzlich ein weiteres Antidiabetikum einnahmen, bestanden keine Unterschiede.

Dass Menschen mit Diabetes mit der betreffenden Variante im Glukosetransporter-Gen besser auf eine Blutglukosesenkung durch Metformin ansprechen, könnte unterschiedliche Gründe haben. Die Forscher vermuten, dass der Blutzuckersenker Metformin die Glukosebildung in der Leber hemmt und die Aufnahme von Glukose in den Muskel fördert.

Genanalysen von Gewebeproben der Leber haben ergeben, dass das SL2A2-Gen bei Menschen mit dem C-Allel weniger aktiv ist und das von dem Gen kodierte Protein, der Glukosetransporter GLUT-2, ebenfalls eine geringere Aktivität zeigt. Die Forscher vermuten, dass Metformin diese genetische Abweichung positiv beeinflusst und dem Glukosetransporter zu mehr Aktivität verhilft. (eb/eis)

Metformin Genetics Consortium

  • Die internationale Initiative will die Metformin-Forschung, vor allem zur Pharmakogenetik in verschiedenen ethnischen Gruppen und zur Präzisionsmedizin voranbringen.
  • Metformin-Forscher aus aller Welt sind aufgerufen, sich der Initiative anzuschließen. MetGen wird geleitet von Dr. Ewan Pearson (University of Dundee in Schottland) und Dr. Kathy Giacomini, (University of California in San Francisco).
  • Weitere Informationen unter: www.pgrn.org/metgen.html
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