(K)eine haarige Angelegenheit

Haarausfall nagt am Selbstbewusstsein der Betroffenen. Ein Wundermittel dagegen gibt es zwar nicht, aber je nach Ursache wirksame, oft nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Bis zu 100 Haare in der Bürste sind kein Grund zur Panik.

Bis zu 100 Haare in der Bürste sind kein Grund zur Panik.

© Mellimage /fotolia.com

NEU-ISENBURG. Nicht nur an der Haut, auch auf dem Kopf wird das Ende der Jugend leider oft deutlich sichtbar - bei Männern meist früher als bei Frauen.

Neben grauen Haaren machen sich bei Männern Geheimratsecken und die typische Insel am Hinterkopf breit, bei Frauen wird die Haarpracht vor allem im Scheitelbereich lichter.

Dieser anlagebedingte und altersabhängig fortschreitende, androgenetische Haarausfall ist bei beiden Geschlechtern die häufigste Ursache für eine Alopezie.

Stress und Rauchen können Haare kosten

Doch auch Stress, Rauchen und Medikamente können die Haarfülle mindern. Haarausfall geht zwar vor allem bei Frauen mit einem hohen Leidensdruck einher, doch gerade junge Männer möchten sich ebenfalls nicht mit dem Verlust ihrer Kopfpracht einfach abfinden.

Abhilfe - sofern keine krankheitsbedingte Ursache vorliegt, sondern eine androgenetische Alopezie (AGA) - kann dann häufig mit nichtverschreibungspflichtigen sogenannten OTC-Präparaten erreicht werden.

"Welche Form jedoch tatsächlich vorliegt, sollte unbedingt von einem Dermatologen bestätigt werden, denn es gibt Formen der Alopezie, die einem androgenetisch bedingten Haarausfall sehr ähneln oder zusätzlich vorliegen können. Dann wirken aber die OTC-Präparate nicht", betont Dr. Natalie Garcia Bartels von der Klinik für Dermatologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Hormonbedingte Ursache ist am häufigsten

Liege ein hormonell bedingter Haarausfall vor (AGA), der die mit Abstand häufigste Form ist, habe sich zum Beispiel der Wirkstoff Minoxidil in mehreren kontrollierten Studien sowohl bei Männern wie auch Frauen als gut wirksam erwiesen. Der auffälligste Erfolg wird dabei im ersten Behandlungsjahr erzielt.

Sowohl in einer aktuellen S3-Leitlinie als auch in einer Stellungnahme der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) wird daher die ursprünglich als Blutdrucksenker entwickelte Substanz neben dem verschreibungspflichtigen oralen Finasterid als Mittel der ersten Wahl bei AGA bewertet. Der Wirkstoff ist inzwischen für Frauen als zweiprozentige und für Männer als fünfprozentige Lösung rezeptfrei in Apotheken erhältlich, die zweimal täglich aufgetragen werden muss.

Für den Herbst ist zudem - zumindest für Männer - eine verschreibungsfreie Schaumformulierung zur einmal täglichen Applikation vorgesehen. Wichtig ist, dass eine Minoxidil-Anwendung möglichst früh bei Beginn des Haarausfalls erfolgt, bevor die Haarfollikel gänzlich verkümmert sind, wie auf der GD-Tagung in Berlin vergangene Woche erinnert wurde.

Und: "Die Patienten müssen wissen, dass es zunächst zu einer scheinbaren Verschlechterung kommen kann ("Shedding") und erst nach frühestens acht Wochen, bei Frauen sogar erst nach etwa drei Monaten, sichtbare Erfolge einsetzen", so die Dermatologin. "Denn das Tempo des Haarzykluses lässt sich nun mal nicht beschleunigen."

Beim Absetzen der Therapie kehrt zudem der Haarausfall zurück. Geduld und intensive Beratung sind also unabdingbar für einen Therapieerfolg.

Alternativ kommt für Frauen auch eine äußerliche Behandlung mit dem Wirkstoff Alfatradiol infrage. Das synthetische Östrogen kann ebenfalls bei androgenetischer Alopezie das Haarwachstum anregen, wie Untersuchungsdaten nahelegen.

In einer Studie mit Frauen in der Menopause verbesserte sich zum Beispiel die Anagen-/Telegenrate signifikant im Vergleich zu Placebo. Die Autoren der aktuellen S3-Leitlinie halten die Daten allerdings noch nicht ausreichend für eine evidenzbasierte Empfehlung.

Therapieoption mit pflanzlichen Stammzellen

Unterstützend kann nach individueller Abwägung auch die Gabe spezieller Nahrungsergänzungsmittel wirken, da sie Bausteine enthalten, die die nachwachsenden Haare kräftigen können, wie die Wissenschaftlerin im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" erläuterte.

Für Frauen und Männer mit leichtem bis mittlerem hormonell bedingtem Haarausfall steht zudem seit Kurzem eine Formulierung mit aktiven pflanzlichen Stammzellen und einer Kombination aus Aminosäuren und einem Enzymaktivator zur Verfügung. Dabei sollen die pflanzlichen Stammzellen die physiologische Versorgung der Haarwurzel verbessern.

Lesen Sie dazu auch: Mit Vitaminen und Hirse zu neuer Haarpracht

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