Atopische Dermatitis

Stau und Entzündung durch Biofilm auf der Haut

Staphylokokken finden sich auf gesunder und kranker Haut. Nach einer US-Studie sind sie offenbar an der Pathogenese von Atopischer Dermatitis beteiligt: Verstopfen Biofilme der Keime die Ausführgänge ekkriner Schweißdrüsen, dann führt das zu einer Kettenreaktion mit Entzündung, Juckreiz und Kratzattacken.

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Atopische Dermatitis: Biofilme von Staphylokokken könnten die Läsionen begünstigen.

Atopische Dermatitis: Biofilme von Staphylokokken könnten die Läsionen begünstigen.

© Getty Images / iStockphoto.com

PHILADELPHIA. Bei der atopischen Dermatitis (AD) treffen vermutlich zwei Dinge aufeinander: ein bislang unbekannter Umweltfaktor sowie eine genetische Variation des Filaggrin-Gens ("Double-hit-Hypothese"). Zudem weiß man seit vielen Jahren, dass sich auf der Haut von Atopikern besonders gern Staphylococcus (S.) aureus ansiedelt.

In früheren Untersuchungen hatte das Team um Dr. Herbert B. Allen vom Drexel University College of Medicine in Philadelphia bereits Biofilme in den Hautläsionen von Atopikern nachgewiesen. Nun haben die Forscher diese Hinweise durch Abstriche, Abschabungen und Biopsien von 40 Patienten mit atopischer Dermatitis und 20 Kontrollprobanden genauer analysiert (JAMA Dermatol. 2014; online 22.Januar).

Aus 93 Prozent der Abstriche, die von den Läsionen der Atopiker gewonnen wurden, konnten Staphylokokken (42 Prozent S. aureus, 20 Prozent S. epidermidis) isoliert werden. 60 Prozent dieser Keime erwiesen sich als methicillinresistent. Weitere hohe Resistenzraten fanden sich gegenüber Erythromycin (86 Prozent), Clindamycin (80 Prozent) und Levofloxacin (66 Prozent).

Mithilfe verschiedener Tests wurde die Fähigkeit der Bakterien überprüft, Biofilme oder extrazelluläre Polysaccharide zu bilden. Diese Eigenschaft konnte sowohl bei allen Atopikern als auch bei fast allen Kontrollen nachgewiesen werden.

85 Prozent der S.-aureus- und S.-epidermidis-Isolate waren außerordentlich gut, der Rest immerhin mäßig oder weniger gut in der Lage, extrazelluläre Polysaccharide auszuscheiden und Agglomerate zu bilden, was unter anderem auch durch genetische Tests bestätigt wurde.

Mikroskopische Gewebeuntersuchungen ließen die Verstopfung der Schweißdrüsenausgänge erkennen, und immunhistochemische Analysen wiesen eine Aktivierung des Toll-like-Rezeptors-2 im Umfeld der verstopften Ausführungsgänge im parakeratotischen Stratum corneum nach. Bei den Kontrollen dagegen konnte eine Immunanfärbung des Rezeptors nur in der Basalschicht der Epidermis, nicht jedoch im Struatum corneum festgestellt werden.

Ohne Gendefekt keine atopische Hautläsion

Die Untersuchungen bestätigen, dass verschiedene Staphylokokken der physiologischen Hautflora in der Lage sind, Biofilme zu bilden. Gleichzeitig stützen die Ergebnisse die Hypothese, dass auf Hautarealen mit aktiver Neurodermitis, biofilmbildende Staphylokokken die Ausgänge der Schweißdrüsen verstopfen, während dies auf gesunder Haut nicht geschieht. So scheint die subklinische Miliaria ein wichtiger Bestandteil der atopischen Dermatitis zu sein.

Nach der "Double-hit-Hypothese" würden bei der atopischen Dermatitis die Staphylokokken die Umweltkomponente darstellen. Die zweite Komponente wäre das veränderte Filaggringen, was die Bildung eines abnormen Stratum corneum bewirkt.

Der gesamte Ablauf würde sich nach den Vorstellungen der Autoren folgendermaßen abspielen: Staphylokokken bilden Biofilme und verstopfen die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen. Dies führt zur Aktivierung des Toll-like-2-Rezeptors im Stratum corneum.

Nach Aktivierung weiterer Mediatoren kommt es zu Pruritus und Spongiose. In gesunder Haut bilden sich Biofilme in den Ausgängen von Schweißdrüsen in ähnlicher Weise, ohne den Gendefekt im Filaggrin entsteht jedoch keine atopische Läsion.

Die Forscher ziehen aus ihren Ergebnissen folgendes Resümee: "Wenn alle Bakterien multiresistent und 60 Prozent methicillinresistent sind, dann sind orale Antibiotika für die meisten dieser Patienten im Allgemeinen keine gute Lösung."

Vielmehr seien topische antibakterielle Maßnahmen wie antiseptische Bäder oder Gele sinnvoll. Zudem sei wegen des beeinträchtigten Stratum corneum die gewissenhafte Hautpflege vor allem in Hinblick auf den Feuchtigkeitsgehalt wichtig. (St)

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