Bei Neugeborenen mit erhöhtem Risiko

Mit Creme den Neurodermitis-Ausbruch verhindern

Kinder von Patienten mit Neurodermitis haben selbst ein erhöhtes Risiko für diese Erkrankung. Jetzt zeigt sich in zwei Studien: Werden die Neugeborenen früh mit einer Creme behandelt, lässt sich dadurch bei vielen die atopische Dermatitis vermeiden.

Von Ludger Riem Veröffentlicht:
Kann eine einfache Basiscreme einen Schutzmantel gegen Neurodermitis aufbauen?

Kann eine einfache Basiscreme einen Schutzmantel gegen Neurodermitis aufbauen?

© Andrey Kuzmin / fotolia.com

KÖLN. Hoffnung auf eine erfolgreiche Allergieprävention wecken die Ergebnisse zweier Studien, die Professor Thomas Werfel von der Medizinischen Hochschule Hannover auf dem 10. Deutschen Allergiekongress in Köln vorgestellt hat.

Im Rahmen einer in England und den USA durchgeführten Studie waren insgesamt 124 Neugeborene aus Risikofamilien für atopische Erkrankungen ab der dritten Lebenswoche randomisiert bis zum sechsten Lebensmonat mit einer auf den gesamten Körper aufgetragenen wirkstofffreien Creme behandelt worden oder blieben unbehandelt.

Allein durch diese Maßnahme ließ sich das kumulative Risiko für die Entwicklung einer atopischen Dermatitis um 50 Prozent senken, berichtete Werfel (CME 2015/11).

Basistherapie als Prävention

Eine Bestätigung finden diese Daten in einer ähnlich konzipierten japanischen Untersuchung. Auch in dieser Studie wurden aus Risikofamilien stammende Neugeborene, bei denen mindestens ein Elternteil oder Geschwister an einer atopischen Dermatitis erkrankt war, mit einer wirkstofffreien Basiscreme behandelt - in diesem Fall bis zur 32. Lebenswoche.

Gegenüber unbehandelten Kindern ließ sich auch in dieser Studie die Inzidenz der atopischen Dermatitis um 32 Prozent senken. Ein Effekt auf die Hühnerei-spezifische IgE-Produktion ließ sich nicht feststellen.

Sollten sich diese nach Einschätzung Werfels nahezu sensationellen Daten in größeren Studien bestätigen lassen, böte sich eine bei Risikokindern konsequent durchgeführte Basistherapie als kostengünstige Präventivmaßnahme im Hinblick auf die Entstehung beziehungsweise Progression allergischer Erkrankungen an.

Protektive Effekte einer entsprechenden Basistherapie ließen sich möglicherweise auch durch günstige Effekte auf die intakte Hautbarriere erklären.

Tatsächlich gibt es nach Darstellung Werfels inzwischen klare Hinweise darauf, dass sich Patienten mit atopischer Dermatitis über die Haut auch eine Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmitteln einfangen können - ein Grund mehr, gemäß den Empfehlungen der aktualisierten Neurodermitis-Leitlinie bei der Diagnostik und Therapie nicht nur auf die Haut zu achten, sondern auch typische Komorbiditäten wie Nahrungsmittelallergien, Asthma oder allergische Rhinitis im Auge zu halten.

Sensibilisierung über die Haut

Die Möglichkeit einer Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel über die Haut legen nun auch Ergebnisse einer britischen Studie nahe, die bei 619 ausschließlich gestillten Säuglingen nach dem dritten Lebensmonat ein mehr als sechsfach erhöhtes Risiko für eine Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmittelallergenen fand, wenn diese Kinder eine atopische Dermatitis hatten. Zudem fand sich eine klare Korrelation zwischen dieser Sensibilisierung und dem Schweregrad der atopischen Dermatitis.

Möglich wäre eine über die Haut entstehende Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel etwa durch Hautkontakt mit Fremdproteinen, etwa Erdnussproteinen.

Neben hohen Raumluftkonzentrationen wäre eine Sensibilisierung auch über Pflegeprodukte oder Badezusätze, die man bei Neurodermitikern zurückhaltend oder am besten gar nicht einsetzen sollte, möglich. Gleiches gilt nach Empfehlung Werfels auch für den Zusatz von Kuhmilchproteinen im sogenannten Kleopatrabad.

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