Transplantationsärzte wollen Widerspruchslösung

Organspende-Experten sprechen sich überwiegend für eine Widerspruchslösung bei Transplantationen aus.

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Ein Herz für die Transplantation: Experten drängen darauf, hierzulande die Widerspruchslösung einzuführen.

Ein Herz für die Transplantation: Experten drängen darauf, hierzulande die Widerspruchslösung einzuführen.

© dpa

HAMBURG (nsi). Transplantationsmediziner in Deutschland drängen auf eine Änderung des Transplantationsgesetzes von der derzeit geltenden erweiterten Zustimmungslösung zur Widerspruchslösung. Das ist bei einer Podiumsdiskussion auf der Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft in Hamburg deutlich geworden.

Damit bekräftigt ein Teil der Ärzte einen Antrag, dem der Deutsche Ärztetag im Mai diesen Jahres zugestimmt hatte. Professor Björn Nashan und Professor Hermann Reichenspurner vom Klinikum Hamburg-Eppendorf bezeichneten die Widerspruchslösung als eine von mehreren notwendigen Reaktionen auf den eklatanten Organmangel.

Auf ein in Deutschland verpflanztes Herz und eine implantierte Leber kommen zwei neue Anmeldungen auf die Warteliste. "Wir müssen die Einführung der Widerspruchslösung mit anderen Maßnahmen kombinieren wie einer Etablierung von Inhouse-Koordinatoren", so Reichenspurner.

Der medizinische Direktor der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Professor Günter Kirste, machte deutlich, dass die DSO zwar unter beiden gesetzlichen Rahmenbedingungen arbeiten könne. Die DSO konzentriere sich aber derzeit auf Strukturverbesserungen bei der Organspende.

Auch der Präsident der Vermittlungsstelle Eurotransplant (ET), Professor Bruno Meiser aus München, befürwortet die Widerspruchslösung: "Wir dürfen das Nichtentscheiden eines großen Teiles der Bevölkerung nicht unterstützen".

Burkhard Tapp vom Bundesverband der Organtransplantierten fürchtet dagegen eine Verunsicherung der Bevölkerung und wies darauf hin, dass seiner Erfahrung nach viele Organempfänger sicher sein möchten, dass die Organspende im Sinne des Spenders gewesen sei.

Auch die Nachrangigkeit der Lebendspende nach der postmortalen Organspende würden viele Transplantationsmediziner durch eine Gesetzesänderung gern aufgehoben und den Kreis der potenziellen Lebendorganspender erweitert sehen. Etwa durch Ringspenden mehrerer Spender-Empfänger-Paare (erweiterte Cross-over-Spende).

In den USA, Kanada und Australien werden solche Ringspenden mit bis zu sechs Spender-Empfänger-Paaren bereits realisiert, auch über größere Entfernungen. Professor Frank Riedel von der Ärztekammer Hamburg, Vorsitzender der dortigen Lebendspendekommission, gab zu bedenken, dass Ringspenden den Druck auf Lebendspender erhöhen könnten, da dann praktisch jeder Nieren-Wartepatient einen potenziellen Lebendspender habe.

"Wir haben dann bei Zweifeln an der Freiwilligkeit der Spende nicht mehr die Möglichkeit, den Spender zu schützen, indem wir Blutgruppen- oder Gewebeunverträglichkeiten als Grund angeben, warum sich die Spende nicht realisieren lässt", sagte Riedel.

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