Forschung in der Kardiologie
Wider den vorsätzlichen Betrug
Immer wieder machen Fälle von Unredlichkeit in der Forschung Schlagzeilen. Dagegen soll schärfer vorgegangen werden.
Veröffentlicht:MANNHEIM. "Wissenschaftsbetrug ist so alt wie die Wissenschaft selbst, aber er ist insgesamt glücklicherweise selten", betonte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) Professor Georg Ertl, Würzburg, beim jüngsten Kardiologenkongress in Mannheim.
Er plädierte dafür, Verdachtsfälle gründlich aufzuklären, warnte aber vor einer Vorverurteilung der Betreffenden. Der gute Ruf sei ein wichtiges Kapital von Wissenschaftlern, das nicht durch haltlose Vorwürfe ruiniert werden dürfe: "Wir dürfen den Stab nicht brechen, bevor nicht alle Karten auf dem Tisch liegen."
Eine der wichtigsten Instanzen für die Bekämpfung von Wissenschaftsbetrug in Deutschland ist die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die seit Ende der 90er Jahre Standards für die gute wissenschaftliche Praxis etabliert hat. Sie verfügt auch über Sanktionsmöglichkeiten.
Dr. Roberts Paul Königs von der DFG betonte, dass die Lebenswissenschaften zu den Forschungsdisziplinen gehörten, in denen mit am häufigsten betrogen werde. Im Lichte jüngster Betrugsfälle auch in Deutschland würden die DFG-Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis derzeit überarbeitet.
Ziel sei es, die Aufarbeitung von Betrugsfällen effektiver zu machen und die Prävention zu verbessern. So soll zum Beispiel für Nachwuchsschulungen zu diesem Thema ein eigenes Curriculum geschaffen werden.
Appell an die Chefs
"Es wird auch erstmalig einen Kodex für Whistle-Blower geben", betonte Königs. Dieser Kodex soll jene, die Betrugsfälle aufdecken helfen, vor Anfeindungen schützen, aber auch Übereifer bei unklaren Verdachtsfällen verhindern.
Klar ist, dass sich Forschungsbetrug nicht völlig unterbinden lässt, solange der Wissenschaftsbetrieb Anreize dazu bietet. Das derzeitige System für die Bewertung wissenschaftlicher Leistungen mit seiner starken Fixierung auf die Zahl der Publikationen und den Impact-Faktor der Zeitschriften sieht Professor Jürgen Schrader, Düsseldorf, vor diesem Hintergrund kritisch.
Ein Verbesserungsansatz sei unter anderem der konsequente Verzicht auf Ehrenautorschaften, also die Nennung von Autoren, die an einer Publikation gar nicht direkt mitgewirkt haben.
Generell sei zu empfehlen, die Autoren einer Publikation und die Reihenfolge der Nennung schon zu Beginn eines Forschungsprojekts festzulegen, betonte Königs. Er appellierte außerdem an die Verantwortung der jeweiligen Chefs beziehungsweise Arbeitsgruppenleiter.
So sei immer zu prüfen, inwieweit Fehlverhalten oder Unachtsamkeit der Vorgesetzten zu Betrugsfällen beigetragen habe. (gvg)