Neue Studien

Der "Salzkrieg" geht weiter

In der schwelenden Kontroverse über das Für und Wider einer Beschränkung der Salz/Natrium-Zufuhr als Maßnahme zur kardiovaskulären Prävention liefern neue Studiendaten weitere argumentative Munition.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Das Salz der Suppe.

Das Salz der Suppe.

© DocEver / fotolia.com

HAMILTON. Der Streit über das „richtige“ Maß für eine gesunderhaltende Kochsalz/Natrium-Zufuhr erhitzt schon seit langem die Gemüter.

Drei im „New England Journal of Medicine“ publizierte Studien, darunter zwei umfangreiche Analysen von epidemiologischen Daten der PURE-Studie, steuern zur Debatte nun neue Information bei.

Eine der beiden PURE-Analysen, die auf Daten von knapp 102.000 Personen basiert, kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl eine niedrige als auch eine sehr hohe Natriumaufnahme mit einem erhöhten Risiko für Tod und kardiovaskuläre Ereignisse einhergehen.

Dieses Ergebnis relativiert sehr strenge Empfehlungen von Organisationen wie WHO oder American Heart Association (AHA), die beide auf eine rigorose Beschränkung der Kochsalz/Natrium-Zufuhr drängen. Nach ihren Vorstellungen sollten pro Tag maximal 5 bis 6 g Kochsalz - wenn möglich aber noch weniger - aufgenommen werden.

Dagegen ist der PURE-Analyse zufolge ist eine moderate tägliche Natriumaufnahme (3 g - 6 g), die einer Aufnahme von 7,5 bis 15 g Kochsalz entsprechen würde, mit dem niedrigsten Risiko für Tod und kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert. Bei höherer, aber auch bei niedrigerer Natriumzufuhr, stieg das Risiko.

Die PURE-Studie bestärkt zudem Zweifel an der Umsetzbarkeit einer rigorosen Restriktion der Kochsalzzufuhr in der Praxis. Festgestellt wurde, das die tatsächliche Natriumzufuhr in der Bevölkerung nur bei einer verschwindend kleinen Minderheit so niedrig war, wie es sich die Verfechter einer strengen Beschränkung wünschen.

Kritik an vermeintlich ungenauer Messung

Befürworter einer strikteren Natriumrestriktion werden diese Ergebnisse nicht ohne Weiteres akzeptieren. Sie kritisieren vor allem die als unpräzise gebrandmarkte indirekte Erfassung der Natriumzufuhr anhand von Messungen der 24-Stunden-Natriumausscheidung im Morgenurin. Ein Ende der Kontroverse ist somit nicht in Sicht.

Als Einflussfaktor erwies sich im Übrigen außer Natrium auch Kalium: Je mehr davon aufgenommen wurde, desto niedriger war das Risiko für Tod und kardiovaskuläre Erkrankungen. Die dadurch gestützte Empfehlung, sich durch Verzehr von viel Obst und Gemüse kaliumreich zu ernähren, dürfte wohl auf allgemeine Zustimmung stoßen.

Die zweite PURE-Analyse bestätigt einmal mehr die Assoziation zwischen Natriumzufuhr und Blutdruck, die allerdings nicht bei allen Personengruppen uniform war. Eine engere Verknüpfung wurde bei Personen mit hoher Natriumaufnahme, bei Hypertonikern und bei älteren Menschen beobachtet.

Die Autoren der dritte Studien (NUTRICODE) haben versucht, auf Basis von Daten und Erhebungen in einer komplexen Modellrechnung die Folgen einer erhöhten Natriumaufnahme in Todesfällen zu beziffern. Als Referenzmaßstab legten sie dabei die von der WHO empfohlene tägliche Natriumzufuhr (2 g, entsprechend 5 g Kochsalz) zugrunde.

De facto war die festgestellte Natriumzufuhr mit im Mittel knapp 4 g doppelt so - bei allerdings deutlichen regionalen Unterschieden. Nach Berechnung der Studienautoren waren im Jahr 2010 weltweit insgesamt 1,65 Millionen kardiovaskulär bedingte Todesfälle einer Natriumzufuhr anzulasten, die über dem genannten Referenzmaßstab von 2 g pro Tag lag.

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