Gerinnungshemmung

Dabigatran-Antidot in klinischer Studie erneut erfolgreich

Mit Idarucizumab lässt sich in Notfällen die gerinnungshemmende Wirkung von Dabigatran binnen Minuten aufheben. Das bestätigen Ergebnisse einer aktualisierten Analyse von Daten der bislang größten Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit eines NOAK-Antidots in der klinischen Praxis.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:

NEW ORLEANS. Ziel der RE-VERSE-AD-Studie ist, Idarucizumab als spezifisches Dabigatran-Antidot in seltenen klinischen Notfallsituationen zu testen, in denen eine rasche Aufhebung der Gerinnungshemmung notwendig erscheint.

Wirksamkeit und Sicherheit dieses vollständig humanisierten Antikörper-Fragments werden dementsprechend bei zwei mit Dabigatran behandelten Patientengruppen untersucht: Bei Patienten mit nicht beherrschbaren schweren Blutung unter Dabigatran (Gruppe A) sowie bei Patienten, die sich dringenden Operationen oder Interventionen unterziehen müssen und bei denen demzufolge eine rasche Normalisierung der Hämostase erforderlich ist (Gruppe B).

Fast 500 Patientendaten

Basis der neuesten Analyse bilden die Daten von mittlerweile 494 älteren und zumeist multimorbiden Patienten (298 in Gruppe A und 196 in Gruppe B). Die Ergebnisse des aktuellen RE-VERSE-AD-Updates hat Studienleiter Dr. Charles Pollack aus Philadelphia beim Kongress der American Heart Association (AHA) in New Orleans präsentiert.

Die Studienteilnehmer erhielten 5 g Idarucizumab, verteilt auf zwei Bolus-Infusionen im kurzen Abstand von maximal 15 Minuten. Bestimmt wurde der Effekt auf die gerinnungshemmende Aktivität anhand der beiden Laborparameter verdünnte Thrombinzeit (diluted Thrombin Time, dTT) und Ecarin-Gerinnungszeit (ECT, Ecarin Clotting Time).

Wie Pollack berichtete, lag die innerhalb von vier Stunden mit Idarucizumab erreichte mediane maximale Aufhebung der Gerinnungshemmung (primärer Endpunkt), gemessen an beiden Laborparametern, bei 100 Prozent.

Die Antagonisierung der Gerinnungshemmung war bereits innerhalb von Minuten nach Verabreichen des Dabigatran-Antidots nachweisbar.

Gerinnungswerte nach vier Stunden normalisiert

Die Auswertung der Gerinnungstests ergab bei 98,7 Prozent (Gruppe A) und 98,6 Prozent (Gruppe B) aller Patienten mit erhöhten Ausgangswerten eine Normalisierung der dTT-Werte und bei 81,5 Prozent (Gruppe A) und 83,5 Prozent (Gruppe B) eine Normalisierung der ECT-Werte innerhalb von vier Stunden nach Idarucizumab-Gabe.

In Gruppe A war die Blutungsquelle bei 97 Patienten intrakraniell und bei 201 Patienten extrakraniell lokalisiert. Bei Patienten mit extrakraniellen Blutungen vergingen bis zum bestätigten Blutungsstillstand – basierend auf der klinischen Beurteilung durch die Untersucher vor Ort – je nach feststellbarer Lokalisation (gastrointestinal, nicht gastrointestinal) 3,5 bis 4,5 Stunden.

In Gruppe B wurde ein operativer Eingriff de facto bei 191 von 196 Patienten (97,4 Prozent) durchgeführt. Die intraoperative Hämostase wurde bei 93 Prozent aller Patienten als "normal" beschrieben. Zwischen Idarucizumab-Gabe und Beginn des notfallmäßigen Eingriffs vergingen im Median 1,6 Stunden.

Bei 31 von 494 Patienten(6,3 Prozent) kam es innerhalb von 90 Tagen zu insgesamt 35 thrombotischen Ereignissen. Die Mehrzahl der betroffenen Patienten hatte zum Zeitpunkt dieser Ereignisse keine antithrombotische Therapie erhalten.

Pollack: Keine Anhaltspunkte für Sicherheitsbedenken

Nur in sehr wenigen Fälle (1,4 Prozent) entschied man sich wegen einer im Zusammenhang mit Blutungsrezidiven (fünf Fälle) oder postoperativen Blutungen (zwei Fälle) festgestellten erneuten Zunahme der Dabigatran-Konzentration im Blut für eine zweite Idarucizumab-Gabe.

Die Raten für die Gesamtmortalität betrugen 12,3 Prozent (Gruppe A) und 12,4 Prozent (Gruppe B) nach 30 Tagen und 18,7 Prozent respektive 18,3 Prozent nach 90 Tagen. Die Studie biete keine Anhaltpunkte für Bedenken bezüglich der Sicherheit des Dabigatran-Antidots, betonte Pollack.

In Deutschland ist Idarucizumab als bislang einziges NOAK-Antidot seit Beginn dieses Jahres für Notfälle verfügbar.

Mehr zum Thema

Embolischer Schlaganfall mit unklarer Quelle

Kardio-MRT nach ESUS fördert oft relevante Befunde zutage

Ergänzung herkömmlicher Modelle

Kalziumscore verbessert Vorhersage stenotischer Koronarien

Schwere Herzinsuffizienz

Herzpflaster baut Herzmuskulatur auf

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Der papierene Organspendeausweis soll bald der Vergangenheit angehören. Denn noch im März geht das Online-Organspende-Register an den Start.

© Alexander Raths / Stock.adobe.com

Online-Organspende-Register startet

Wie Kollegen die Organspende-Beratung in den Praxisalltag integrieren